Essen. Vor der Ohrfeige heizten die Nachrichten auf dem Smartphone die Auseinandersetzung der jungen Frauen heftig an. Eine von ihnen landete vor dem Gericht.

Ohne die moderne Technik, ohne die neuen sozialen Netzwerke hätte es diesen Strafprozess vor dem Amtsgericht Essen nicht gegeben. So heizten Beleidigungen auf Facebook und WhatsApp den Streit der beiden Frauen heftig an. Für die Ohrfeige, die sie ihrer 17 Jahren alten Kontrahentin schließlich gab, kassierte am Mittwoch eine 23-Jährige aus dem Ostviertel sechs Monate Haft mit Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Angeklagte machte einen ordentlichen, offenen Eindruck. Ein wenig störte an dem Bild, das sie vermittelte, ihr Vorstrafenregister, das schon zwölf Einträge vor dem Jugendgericht aufwies. Immerhin zwei Jahre hatte sie auch schon wegen eines Gewaltdeliktes sitzen müssen. Aber jetzt, so ihre Bewährungshelferin, sei sie seit einiger Zeit auf einem guten Weg: „Sehr zuverlässig, sehr engagiert.“

"Was auf die Fr..."

Am 11. September vergangenen Jahres verfiel die 23-Jährige offenbar in alte Verhaltensweisen. Laut Anklage hatte sie gegen 17.40 Uhr in der Straßenbahn ihre Kontrahentin getroffen und sich bedrohlich aufgebaut: „Jetzt bin ich hier.“ Dass die andere „was auf die große Fr...“ bekommen sollte, sagte sie wohl auch. Die 17-Jährige wehrte ab, weil Kinder in der Nähe waren: „Lass das.“ Ein älterer Herr ging auch noch dazwischen. Doch beim Aussteigen schlug die 23-Jährige der Jüngeren ins Gesicht, verstärkt durch das Handy in der Hand.

Blutergüsse und Platzwunde

Keine Bagatelltat. Das Auge der 17-Jährigen wurde verletzt. Blutergüsse und eine Platzwunde behandelten die Ärzte im Elisabeth-Krankenhaus.

Reumütig klang es nicht, was die Angeklagte erzählte. Dafür aber ehrlich, sich selbst nicht schonend. Angefangen hätte alles damit, dass eine ihrer Freundinnen bei Facebook ein Profilbild eingestellt hatte, auf dem auch die 17-Jährige war. Die Angeklagte: „Ich habe sofort geschrieben: ,Mach weg, die ist voll die Schlampe!’.“

"Ich war allein. Sie war allein"

Das hätte dann wiederum die 17-Jährige mitbekommen und sich bei ihr beschwert. Wechselseitige Beleidigungen zwischen den jungen Frauen gingen hin und her, später auch ergänzt durch gesprochene Nachrichten. Zum Treffen auf einem Spielplatz kam es auch: „Da hat die mich angespuckt, voll die Demütigung.“

Schließlich seien sie sich in der Straßenbahn begegnet. Die Angeklagte berichtet auch davon: „Ich war allein, sie allein. Wir haben diskutiert, sie wurde frech. Da habe ich geschlagen, tat mir sofort leid.“ Sie hätte sich später entschuldigt, sei aber bei einem späteren Treffen von einem der Freunde der 17-Jährigen geschlagen und gewürgt worden: „Das habe ich dann angezeigt.“

Ohrfeige mit dem Handy

Richterin Monique Dreher will genau wissen, was bei der Ohrfeige passiert ist. Der „Zickenkrieg“ vorher und nachher interessiert sie nicht. Ob die Angeklagte mit dem Handy zuschlug? „Ja, kann ich leider nicht abstreiten. Jeder weiß, dass ich immer ein Handy in der Hand habe. Ich war nicht unzurechnungsfähig.“

Verteidiger Timo Scharrmann erklärt: „Das war eine spontane Ohrfeige mit dem Handy.“ Die Richterin schwächt die Erklärung ab: „Das kann mir nicht passieren.“ Scharrmann: „Weil Sie nicht immer ein Handy in der Hand haben.“

Nicht diese Erklärungsversuche, sondern der positive Bericht der Bewährungshilfe geben schließlich den Ausschlag für die milde Strafe von sechs Monaten Haft mit Bewährung. Von Richterin Dreher, die sich von weiteren Zeuginnen keine Aufklärung versprach, kam noch eine kurze Rechtsberatung für die Zukunft: „Dass bei der Ohrfeige das Handy in der Hand lag, macht aus der Körperverletzung eine gefährliche Körperverletzung.“