Nonkonformisten gesucht! Da fühlte sich in der Essener Kulturszene so mancher angesprochen. In der Studio-Bühne kam den Machern gleich „Der Theatermacher“ als Parade-Exzentriker von Thomas Bernhard in den Sinn. In der Zeche Carl puzzelte man ein Musikprogramm mit internationalen Soundtüftlern zusammen. Und in der Alten Synagoge waren die prominenten Nonkonformisten jüdischer Herkunft schnell gefunden – von Heinrich Heine bis zum frühen Woody Allen. Drei von neun Essener Kultureinrichtungen, die im ersten Halbjahr 2015 gemeinsame Sache machen und zwar alle, „gegen den Strom“, so der Titel der Veranstaltungsreihe, die Kulturanbieter von der Volkshochschule bis zur Buchhandlung Proust unter einem Themendach versammelt. Im zweiten Halbjahr soll der Kreis der „Originale, Exzentriker und Nonkonformisten“, so der Untertitel, noch größer werden. Das übergreifende Thema gab diesmal die im Herbst anstehende Avantgarde-Ausstellung im Museum Folkwang vor. Auch für die Folgejahre sind bereits gemeinsame Schwerpunkte geplant. Dann soll es um den Pop im Pott und 2017 um die Weltreligionen gehen, zwei Themen, die das Ruhr Museum mit großen Ausstellungen präsentiert.
Ein Thema, viele Ideen und ein neuer Zusammenhalt: Nachdem sich die Kulturszene im Gedenkjahr 1914 erstmals zusammengeschlossen hat, war klar: Diese Form des Austauschs und der Kooperation muss fortgesetzt werden. Das Kulturbüro hat die Regie übernommen, zusätzliche Mittel aus dem Etat gibt es aber nicht, erklärt Kulturdezernent Andreas Bomheuer. Trotzdem bewerten die Beteiligten das Zusammenspiel als Gewinn: „Man erreicht Leute, die man sonst vielleicht nicht erreichen würde“. So hat die Studio-Bühne bereits mit eigenen Produktionen im Haus der Geschichte und in der Alten Synagoge gastiert. Für die Essen Marketing ist der gebündelte Anbieter-Auftritt fraglos ein Imagegewinn mit mehr Reichweite. Und für Bernd Mengede, Leiter des Kulturbüros, ist vor allem wichtig, einen stärkeren Austausch der heterogenen Kulturszene zu schaffen. „Ich wünsche mir nicht nur Flyer, sondern auch Kompetenz-Flow.“
Der Flyer, der sich in etlichen öffentlichen Einrichtungen findet, listet freilich auf, was im ersten Halbjahr so alles an Originalen zusammenkommt. Das Haus der Essener Geschichte stellt ab 24. Juni „Außenseiter in der Geschichte“ in den Mittelpunkt und präsentiert damit ausgewählte Archivalien aus den Beständen des Stadtarchivs. Auf Einladung der Stadtbibliothek berichtet Jan Fitsch am 12. und 19. Mai davon, wie man vom Wirtschaftswissenschaftler zum Profi-Sportler wird. Und im Aalto wird man am 11. Mai hören, wohin die ganze Querköpfigkeit führt. Im Zweifelsfall zu Liebe, Besessenheit und großer Kunst, wie sie Sängerin Marie-Helen Joël und Schauspieler Jan Pröhl im Liederabend über Lotte Lenya und Kurt Weill präsentieren. Mehr: www.essen.de/kultur