Als OB die falsche Person“ - der Satz von Parteichefin Britta Altenkamp gemünzt auf Reinhard Paß hat seit Montagabend seine Sprengwirkung nicht eingebüßt.
Als OB die falsche Person“ - der Satz von Parteichefin Britta Altenkamp gemünzt auf Reinhard Paß hat seit Montag Abend seine Sprengwirkung nicht eingebüßt. Denn so sehr nun alle Beteiligten bemüht sind, sich mit rhetorischen Kunststücken als ziemlich beste Parteifreunde darzustellen, das Dilemma der SPD ist unverändert: Eine Parteivorsitzende und mit ihr große Teile des Parteivorstands sollen Wahlkampf machen für einen Mann, den sie ausdrücklich für ungeeignet halten. Wie darf man sich das vorstellen? Wie weit kann man die Selbstverleugnung treiben?
Mit dem Frontalangriff auf Reinhard Paß hat Altenkamp hoch gepokert, wogegen im Prinzip nichts zu sagen ist. Menschen, die getrieben werden von Überzeugungen und dafür auch Risiken eingehen, gibt es in der Politik eher zuwenig. Unbegreiflich ist aber, mit welcher Unbedarftheit dann die Gegenkandidatin Angelika Kordfelder in dieses Rennen ging, wie sie falsch oder gar nicht beraten, ja geradezu verheizt wurde. Wenn Altenkamp wirklich einen Neustart für diese Stadt wollte, hätte sie von vorne herein einen Kandidaten wie etwa Oliver Scheytt in der Hinterhand haben müssen, der dieser Aufgabe gewachsen gewesen wäre. Altenkamps größter Fehler war nicht, dass sie Paß schaden wollte, sondern dass sie keine wirkliche Alternative entwickelt hat.
DemokratieDenn es ist ja nicht so, dass ihr berühmter Satz aus der Luft gegriffen wäre. Paß’ Leistungsbilanz nach nun gut fünf Jahren an der Spitze der Stadt ist und bleibt äußerst bescheiden. Natürlich muss man ihm zugute halten, dass der finanzielle Spielraum beengt ist, und seine Sparpolitik ist durchaus anerkennenswert. Doch von Anfang an blieb die Frage offen: wohin? Was will Reinhard Paß mit dieser Stadt, was sind seine Ideen über das Sparen hinaus? Manches, was vor seiner Zeit in den Stiel gestoßen wurde, hat er abgearbeitet, das ja. Aber wo sind seine Neubauprojekte, seine Ansiedlungserfolge, wo hat er Aufbruchstimmung erzeugt? Es gab halbherzige, blutleere Versuche („Essen 2030“) der Zukunft auf die Spur zu kommen, es gab die Messe-Niederlage, es gab den EBE-Skandal, der ihm vollkommen entglitt und seine bisherige Amtszeit prägte. Deutlich wurde vielfach: Paß wirkt zwar meist sympathisch im Auftreten, aber er ist kein guter Kommunikator, keiner, der überzeugen kann, wenn es eng wird.
Sicher, niemand behauptet, dass es leicht ist, eine Stadt wie Essen in schwierigen Zeiten wenigstens ein gutes Stück voranzubringen. Als Minimalanforderung an einen OB ist das aber dennoch unerlässlich. Mit dem allzu leichten Sieg beim Mitgliederentscheid hat Altenkamp den OB ungewollt stärker gemacht als er es verdient.