Beim parteiinternen Mitgliederentscheid sprachen sich 1.247 von 2.316 Genossen für den Amtsinhaber aus, 897 für seine Herausforderin Angelika Kordfelder

Knapp acht Monate vor der Oberbürgermeister-Wahl in Essen weiß seit gestern Abend auch die mit Abstand größte Partei der Stadt, mit wem sie am 13. September in den Kampf um den Posten des Stadtoberhaupts geht: In einem parteiinternen Mitgliederentscheid, an dem sich knapp 56 Prozent der Mitglieder beteiligten, sprachen sich 1.247 von 2.316 Genossen für den Amtsinhaber Reinhard Paß aus, 897 für seine Herausforderin Angelika Kordfelder, derzeit Bürgermeisterin aus Rheine. 80 Stimmen waren ungültig, 92 Sozialdemokraten hatten sich enthalten.

„Mehr Demokratie wagen“ – mit diesem alten Wahlspruch von Willy Brandt war die SPD angetreten, ihren OB-Kandidaten von den Mitgliedern bestimmen zu lassen. Doch auch die Reminiszenz an alte Zeiten konnte nicht übertünchen, dass ein tiefer Streit um und mit Amtsinhaber Reinhard Paß Quell der basisdemokratischen Entscheidung war.

Das Unbehagen über den Oberbürgermeister, es schwelt(e) monatelang in der SPD zwischen Karnap und Kettwig und zwar nicht nur unterschwellig. Spätestens, seit Paß sich – anders offenbar, als der damaligen Parteispitze zunächst zugesagt – weigerte, bereits bei der Kommunalwahl und damit vorzeitig zur Wahl anzutreten, galt das Tischtuch vor allem mit vielen anderen Mandatsträgern als zerschnitten.

Wo der ehemalige Parteivorsitzende Dieter Hilser selbst zu seinem Abschied aus dem Amt noch herumdruckste und sich nur auf Nachfrage öffentlich von Genosse Reinhard distanzierte, nahm die Bewerberin um Hilsers Nachfolge im Juli vergangenen Jahres kein Blatt mehr vor den Mund: „Paß ist als OB die falsche Person“, so formulierte Britta Altenkamp in einem Gespräch mit der NRZ – und löste mit diesem mittlerweile geflügelten Satz ein regelrechtes Partei-Beben aus.

Gestern lobte Altenkamp den Mitgliederentscheid als offenes und transparentes Verfahren und dankte den Kandidaten für einen „fairen und guten Wettstreit“. Das Mitgliedervotum werde sich als große Hilfe im Wahlkampf erweisen.

Formell muss Reinhard Paß nun noch am 31. Januar von einer Wahlvertreterversammlung nominiert werden. Die eigentliche OB-Wahl geht am 13. September über die Bühne, eine mögliche Stichwahl zwei Wochen später.

Unklar ist noch, ob die SPD-Vorsitzende Britta Altenkamp den Sieg von Reinhard Paß als Anlass für einen Rücktritt nimmt. Altenkamp hatte die Debatte um den OB mit ihrem Satz, er sei „als Ob die falsche Person“ erst losgetreten. Darüber gestern: kein Wort.