Wie Sie sehen, sehen Sie (fast) nichts. Nein, was sich da dicht unter der Wasseroberfläche kräuselt, ist kein Fischschwarm, sondern ein versunkenes Relikt aus vergangenen Zeiten.
Wer es als solches auch nur erahnen will, muss über viel Fantasie verfügen oder Archäologe von Beruf sein wie Detlef Hopp. Der „Chefermittler“ für alles, was im Boden schlummert vom Institut für Denkmalpflege ist sich sicher, dass es sich um Überreste des alten Kupferdreher Hafens handelt. Seit der Ruhrverband den Wasserstand des Baldeneysees abgesenkt hat, tauchten sie wieder auf. Nun, da der Pegelstand wieder steigt, verschwindet der Hafen - oder besser, was davon noch übrig ist - wieder in den Fluten.

Wie es an dieser Stelle einst ausgesehen hat, veranschaulicht eine alte Postkarte mit einer Aufnahme aus dem Jahr 1900. Die mächtige Zementfabrik beherrscht das Flussufer, im Dunst verschwinden die Schlote der Phönixhütte. Heute stehen hier, am Seebogen, schmucke Eigenheime.Die Einfahrt in den alten Hafen ist auf dem Foto noch gut erkennen, ebenso der Damm, der Lastkähne beim Be- und Entladen vor der starken Ruhrströmung schützen sollte. „Kupperdrehe“ nannten die Schiffer jene Stelle am Ruhrbogen. Der Stadtteil Kupferdreh verdankt ihr bis heute seinen Namen. Als besagte Aufnahme entstand, hatte der alte Hafen seine Funktion bereits eingebüßt. Vier Jahrzehnte zuvor, um 1860, hatten die Betreiber die Mündung des Deilbachs um etwa 200 Meter flussaufwärts verlegt, weil der ursprüngliche Bachlauf den geplanten Ausbau des Hüttenwerkes behinderte. Der Kupferdreher Heimatforscher Rainer Busch zitiert in seinem Buch „Von der ‘Kupperdrehe’ zur Siedlung ‘Am Seebogen’“ aus dem damaligen Schriftverkehr: „Der Deilbach durchfließt kurz vor seiner Mündung in den Ruhrstrom einen Theil des an der sogenannten Kupferdreh bei Dilldorf, von der Gesellschaft Phönix angelegten Hüttenwerkes, und verhindert dadurch die Anlage der für die dortigen Hochöfen erforderlichen Koksöfen (...).“ Drei Jahre dauerte der diesbezügliche Schriftverkehr, so Heimatforscher Rainer Busch. Dann erhielten die Betreiber der Phönix-Hütte die Genehmigung zur Verlegung des Bachlaufes.

Die neue Mündung des Deilbachs wurde zum Hafenbassin ausgebaut, schreibt Busch. Der alte Hafen - angelegt nachdem die Ruhr 1770 schiffbar gemacht worden war - wurde zum Teil zugeschüttet, die alte Mündung des Deilbachs versandete. Als die Eisenbahn ihren Siegeszug antrat, verlor die Ruhrschifffahrt ihre Bedeutung als Transportmittel. Die Häfen an der Ruhr wurden nicht mehr gebraucht. Ob das, was in den vergangenen Wochen in Sichtweite der neuen Siedlung am Seebogen auftauchte, tatsächlich ein Relikt des Industriezeitalters ist? Detlef Hopp ist sich sicher. Der Sache auf den Grund gehen konnte der Archäologe nicht. Der tiefe Schlamm ließ es nicht zu.