Essen.. Bei der von der FDP angezettelten Landtagsdebatte über den drohenden Baustopp rund ums Walpurgistal wundert sich die Landesregierung über die Aufregung in Essen: Die Stadt habe die Lösung in der Hand.
Der zuständige NRW-Umweltminister: ein Grüner. Die Ministerin, die ihn in der Landtagsdebatte umständehalber vertrat: auch Grüne. Die Regierungspräsidentin, deren Entwässerungs-Abteilung das ganze Thema per verschärfter Verfügung losgetreten hat: ebenfalls Grüne. Und die Dezernentin, die in Essen die wasserbehördliche Aufsicht führt? Na, zumindest Grünen-nah.
Eine Gemengelage also wie gemalt für den FDP-Landtagsabgeordneten Ralf Witzel, der am Donnerstag im grünen Dickicht nach Schuldigen für den drohenden Baustopp rund ums Walpurgistal zwischen Rüttenscheid und Rellinghausen suchte. Den könnte es geben, weil die Entwässerung dort seit Jahren und wohl noch bis 2018 nicht dem Stand der Technik entspricht.
Doch nach dem Schlagabtausch im Landesparlament ist einem nicht ganz klar, ob da am Mittwoch zwei in herzlicher Abneigung verbundene Seiten womöglich minutenlang aneinander vorbeigeredet haben – oder ob die ganze Aufregung in Essen über einen drohenden Baustillstand auf etwa 323 Hektar (= 650 Fußballplätze) Land tatsächlich hemmungslos übertrieben war.
NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens jedenfalls, die Umweltminister Johannes Remmel vertrat, gab sich alle Mühe, das Problem kleinzureden: Baustopp? Gebe es nicht. Auch nicht de facto, indem man verfügt, neue Wohneinheiten so lange nicht ans Abwassernetz anzuschließen, bis die Stadtwerke den neuen Kanal im Walpurgistal Anfang 2018, vielleicht auch schon Ende 2017 fertiggestellt haben.
Was es wohl gibt, so Steffens: einen „Dialog“ zwischen der Stadt und der Fachabteilung der Bezirksregierung, weshalb man auch keine ausbleibenden Investitionen hochrechnen wolle, „weil derzeit niemand davon ausgeht, dass irgendwem irgendetwas dadurch nicht ermöglicht wird“. Im Gegenteil: Die Stadt habe es in der Hand, in den weiteren Gesprächen für die nötige Erschließungssicherheit zu sorgen, schon für Montag sei das nächste Treffen auf Arbeitsebene anberaumt. Steffens wörtlich: „Ich traue der Stadt Essen und der Bezirksregierung zu , dass sie am Montag eine Lösung finden werden.“
Unklar blieb bis zum Ende der Debatte, ob das Land die demonstrative Gelassenheit wirklich für alle Baupläne im fraglichen Stadtgebiet formuliert. Denn von den in Rede stehenden gut 600 Wohneinheiten, die laut Planungsverwaltung vom Entwässerungsstau betroffen sind, sollen nur rund 400 über neue Bebauungspläne entstehen, die ohnehin noch einige Bearbeitungszeit brauchen. Bei manchen Projekten könnte der Einzug mit der Fertigstellung des Kanals zusammenfallen, eine Verzögerung wäre also hier überhaupt kein Thema.
Anders sieht es wohl für rund 200 Wohneinheiten aus, bei denen kein neuer Bebauungsplan nötig ist, weil sich das Vorhaben ins Wohnumfeld einfügt, oder wo das Bauordnungsamt auf der Grundlage alter Bebauungspläne mit Befreiungen arbeiten kann. Und schließlich gibt es noch Bagatellfälle: einzelne ausgebaute Dachgeschosswohnungen oder Lückenschlüsse in der Straße.
Gilt auch in solchen Fragen die Devise „Niemand hat die Absicht, einen Baustopp zu verhängen“? Wenn’s so wäre, würden sich ausnahmsweise FDP und Grüne gemeinsam freuen.
Also Abwarten. Bis Montag.