Essen. Mit einer gespielten Hinrichtung wollte eine Gruppe in der Essener City gegen Extremismus demonstrieren. Warum trotz Anmeldung die Polizei ermittelt.

Es sind schockierende Szenen: Zwei Vermummte laufen über die Limbecker Straße in der Essener Innenstadt. Der eine hält einem Menschen in orangefarbener Sträflingskleidung ein Schwert an den Hinterkopf, der andere bedroht einen Sträfling mit einer Schusswaffe. Die Vermummten brüllen. So werden die beiden Gefangenen durch die Fußgängerzone getrieben. Ein kleiner Junge schreit erschrocken auf: „Mama!“ Einige Passanten blicken auf, andere gehen weiter, scheinbar ohne Notiz zu nehmen.

Die jungen Männer inszenierten Ende Oktober eine Hinrichtung vor dem Einkaufszentrum Limbecker Platz: Dabei exekutieren jene zwei Vermummten die Sträflinge abschließend. Es war alles nur ein Schauspiel. Doch das hat offenbar ein Nachspiel: Nach der Veröffentlichung des Videos im Internet, das die Aktion dokumentiert, ermittelt nun die Essener Polizei. Die Beamten prüfen, ob es zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz gekommen ist.

"Das war eine gesellschaftskritische Aktion"

Seit Mittwoch steht das Video mit dem Titel „ISIS - Hinrichtung in Essen / Deutschland“ auf der Plattform YouTube. Hochgeladen hat es eine Gruppe namens „12thMemoRise“. Nach eigenen Angaben sind es acht Jugendliche und junge Erwachsene, die zum Teil studieren, zum Teil arbeiten beziehungsweise eine Ausbildung machen. Sie sind zwischen 16 und 25 Jahre alt. Sie kommen aus Essen, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Dortmund, Siegen, Stuttgart und Braunschweig.

„Das war eine gesellschaftskritische Aktion“, sagt ein Mitglied der Gruppe. Sie haben ein Zeichen gegen Extremismus und Terror setzen wollen. „Gewalt ist ein Ergebnis von Extremismus und jeder kann etwas dagegen unternehmen“, sagt der junge Mann: „In Deutschland wird Hass gepredigt und bis jetzt wurde nichts dagegen unternommen.“ Das Mitglieder der Gruppe erklärt, dass er nicht verstehe, warum beispielsweise Salafisten in Deutschland Jugendzentren gründen dürften und keiner etwas dagegen tue.

Gegen das Versammlungsgesetz verstoßen

Die Gruppe wollte nicht mehr schweigen und hat sich zu der drastischen Inszenierung entschlossen. Die Mitglieder der Gruppe sind nach eigenen Angaben schiitische Muslime, sie wollen aber ausdrücklich nicht einzelne religiöse oder ethnische Gruppen kritisieren.

Für die Polizei hat das Video ein Nachspiel: Zwar war die Inszenierung beim Präsidium angemeldet und auch genehmigt, doch in zwei Punkten könnten die Aktivisten gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben.

„Wir wussten im Vorfeld nichts von der Hinrichtung“

Die Gruppe hatte laut Polizeisprecher Ulrich Faßbender lediglich eine Genehmigung, um das Theaterspiel auf dem Limbecker Platz zwischen Kibbelstraße und Limbecker Straße aufzuführen. Die Gruppe sei aber auch auf der Limbecker Straße aufgetreten und habe „gegen unsere Genehmigung verstoßen“, so Faßbender. Dies sei den Beamten erst durch das Video bekannt geworden. Bewahrheitet sich der Verstoß, so sei dies eine Straftat seitens des Leiters der Inszenierung.

Ein weiterer Punkt, den die Polizei prüft: Die Gruppe hatte im Vorfeld auch beantragt, dass sie „waffenähnliche Objekte mitführen“ dürfe, erklärt Faßbender. Auch dies wurde von der Polizei genehmigt. Der Einsatz dieser Objekte, also eine Handlung, in der sie involviert seien, sei allerdings nicht erlaubt worden. „Wir wussten im Vorfeld nichts von der Hinrichtung“, so Faßbender.

Angesprochen auf die Ermittlungen der Polizei sagt das Mitglied der Gruppe: „Wir haben der Polizei genau beschrieben, was wir vorhaben. Außerdem waren Polizisten vor Ort, die hätten ja etwas sagen können.“ So seien sie von den Beamten zum Beispiel während der Aktion darauf hingewiesen worden, dass sie für die Passanten noch deutlicher machen sollen, dass es sich um ein Theaterspiel handelt.