Essen. Essens SPD-Chefin Britta Altenkamp hat mit Angelika Kordfelder die sehnlichst gewünschte Alternative zum amtierenden Oberbürgermeister Reinhard Paß gefunden. Der will allerdings nicht weichen. Innerparteilich droht nun ein harter Machtkampf, der die Wahlchancen der SPD arg mindern kann.
Angelika, wer..? Das werden sich wohl viele fragen, die heute von der wahrscheinlichen neuen SPD-Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters lesen. Was in Klein- und Mittelstädten üblich ist, nämlich einen Kandidaten von außerhalb zu holen, war in Großstädten bisher eher selten politische Praxis. Das muss nicht gegen Angelika Kordfelder sprechen, die unstrittig Qualitäten hat und außerdem ins Feld führen kann, dass sie Essen von früher her gut kennt.
Dennoch ist es natürlich ein Risiko, eine außerhalb der Partei nahezu unbekannte Politikerin zur OB-Kandidatin zu machen. Ob Essen nicht vielleicht doch eine Nummer zu groß für sie ist, kann niemand mit Sicherheit wissen. Auch mancher in der Parteispitze mag von dieser Sorge getrieben sein. Denn offensichtlich war Oliver Scheytt der bevorzugte Kandidat. Erst als dieser absagte, lief es auf Kordfelder zu. Sie war, um es deutlich zu sagen, für die SPD erst einmal zweite Wahl.
Der Schmutz der EBE-Affäre klebt an den Schuhen des OB
Aber Parteichefin Britta Altenkamp hat immerhin geliefert, sie hat nun ihre heiß ersehnte Alternative zu Reinhard Paß. Der scheint entschlossen zu kämpfen, sein Umfeld spricht gar von guten Chancen. Man muss das aber nüchtern sehen: Es mag in der Breite der SPD eine Anzahl von Genossen geben, die Paß im Stillen gewogen sind und bei einem Mitgliederentscheid für ihn votieren. Doch wäre es eine Sensation, wenn sie die Mehrheit stellten. Wo sind die vermeintlichen Paß-Freunde denn bislang, so müsste man fragen, da ihr Mann von der eigenen Partei eine Demütigung nach der anderen einstecken muss. Ducken sie sich alle weg?
Nein, Reinhard Paß hat das bisschen Macht, das er innerparteilich besessen haben mag, längst verloren. Und auch unter den „normalen“ Bürgern, um die es am Ende ja geht, sind keine übergroßen Sympathien erkennbar. Wie ein Menetekel wirkt es, dass Paß just in diesen Tagen von Journalisten des ARD-Magazins „Monitor“ wegen der EBE-Affäre geradezu verfolgt wird. Neben anderen Unzulänglichkeiten, klebt der Schmutz dieses Skandals an seinen Schuhen. Hoffnungslos zu glauben, dieser Schmutz ließe sich in den kommenden Monaten abwischen.
Paß könnte sich zur „loose cannon“ entwickeln, zum Zerstörer
Trotzdem kann man der SPD nur raten, es nicht auf die Spitze zu treiben. Denn Paß, der inzwischen manchmal waidwund wirkt, hat noch ein Ass im Ärmel: Er kann jederzeit zum Zerstörer werden, zu einer „loose cannon“ - so hießen auf britischen Kriegsschiffen die Kanonen, die sich im Sturm aus der Verankerung rissen, unkontrolliert übers Deck polterten und einem Schiff den Tod brachten. Paß kann die Wahlchancen der SPD auf den Nullpunkt bringen, sollte er medienwirksam und mit voller Härte kämpfen - und sei es nur aus Trotz und verletztem Stolz. Man darf gespannt sein, ob die SPD die Größe und die Klugheit hat, ihn irgendwie einzubinden und zu befrieden.
Wer sich andernfalls die Hände reibt, ist unschwer zu erraten. Die CDU hat äußerst geräuschlos mit Thomas Kufen als OB-Kandidat klar Schiff gemacht.