Essen. Die Kreuzeskirche am Weberplatz feiert Ende des Monats Wiedereröffnung: Das Gotteshaus soll ein Gast-Haus sein – mit Konzerten, Vorträgen und Disco-Nacht. „Stadt-Klang-Raum.Kreuzeskirche“ heißt das Motto der Veranstaltungsreihe.
Es gibt nicht viele Gotteshäuser, wo der Discjockey im Morgengrauen die Boxen ausstöpselt, bevor um 10 Uhr die Kirchenglocken klingen. Party und Predigt, das ist in der Kreuzeskirche künftig kein unüberbrückbarer Gegensatz mehr. Am letzten November-Wochenende ist Premiere für das einzigartige Konzept, eine Kirche zum Dach für viel Nutzer zu machen. Nach der Wiedereinweihungsfeier mit Orgelmusik und Aftershow-Party am 29. November im Rahmen des „Art Walks“ in der Nordstadt wird am 30. November um 10 Uhr der Festgottesdienst zur Eröffnung der Kreuzeskirche gefeiert.
Pfarrer Steffen Hunder, der das „Wunder von Essen“ mit vielen Helfern und vor allem mit einer 1,5 Millionen-Euro-Spende von Kreativunternehmer Reinhard Wiesemann wahr gemacht hat und die einst baufällige Kirche nun als strahlend-weißes Veranstaltungszentrum präsentiert, verspricht: „Dieses Gotteshaus wird ein Gast-Haus sein.“ Eines mit Catering und Theke, wenn die Nutzer es wünschen.
Aber vor allem auch eines, in dem die Musik, die Kunst, die Auseinandersetzung mit ethischen, spirituellen und ästhetischen Fragen einen festen Platz hat. „Der Raum steht offen für vieles, was wir vielleicht noch gar nicht wissen“, formuliert es Oliver Scheytt, der das Haus seit seiner Kindheit kennt. Sein Vater war hier Kantor, Scheytt ist Vorsitzender des Forums Kreuzeskirche. Als öffentliche Begegnungsstätte hat sich das Haus über Jahre einen Namen gemacht. Nun gibt es für die vielseitige Nutzung auch die passende Infrastruktur. „Alles ist beweglich“, sagt Hunder, selbst der Altar lässt sich mit wenigen Griffen versetzen. Die Veranstaltungstechnik sei wie auf einem U-Boot. „Alles auf kleinstem Raum“, erklärt Rainer Alt, der die Immobilie als Eigentümer übernommen hat und an die Kreuzeskirche vermietet.
Kreuzeskirche soll für viele Spielarten offen sein
Ein Haus mit vielen Nutzern birgt freilich auch Interessenskonflikte. Für das reibungslose Miteinander soll ein Vertragswerk sorgen, das alle Eventualitäten berücksichtigt. 76 Nutzungstage sind Mäzen Wiesemann fest zugesagt. Ansonsten, so Scheytt, gilt die Regelung: 20 Prozent der Veranstaltungen dürfen kommerziell genutzt werden, der Rest gemeinnützig. Das GOP-Varieté hat sich bereits im Dezember angesagt, auch private Feiern sind möglich.
Kantor Andy von Oppenkowski freut sich als künstlerischer Leiter besonders darauf, den neu gestalteten Raum bald auch mit der neu intonierten Schuke-Orgel bespielen zu können. Vor der Renovierung des Instruments zieht von Oppenkowski aber noch mal alle Register – mit Bach, nicht nur beim Eröffnungs- und Silvesterkonzert. Am 29. November darf die „Toccata d-moll“ nachts auch mal in einer Techno-Fassung erklingen. Die Kreuzeskirche soll künftig eben für viele Spielarten offen sein. Und auch äußerlich will das Haus Farbe bekennen. Die Kirchenfenster-Entwürfen, die der 2011 verstorbene amerikanische Popart-Künstler James Rizzi hinterlassen hat, sind nach Hunders Ansicht wie gemacht für das neue Gesicht des alten Gotteshauses.