Es klang stets so wie ein solides Versprechen: Sobald das nietennagelneue Groß-Asyl des Landes für 800 Menschen auf dem ehemaligen Kutel-Gelände im Essener Süden an den Start geht, wird die derzeitige NRW-Notunterkunft im Opti-Gewerbepark vom Netz genommen, hieß es immer. Doch gestern setzten Vertreter der Landtagsfraktion der Grünen erstmals ein dickes Fragezeichen hinter diesen aus ihrer Sicht zu engen Zeitplan, der eigentlich im Oktober des kommenden Jahres reibungslos aufgehen sollte.
„Ziemlich optimistisch“
Jetzt aber heißt es: Bis die umstrittene Einrichtung nahe der Innenstadt geschlossen wird, dürften mindestens noch eineinhalb Jahre ins Land gehen. Dieser Überzeugung ist jedenfalls die Landtagsabgeordnete Monika Düker. Die Fraktions-Sprecherin für grüne Flüchtlingspolitik hält es für „ziemlich optimistisch“, für die Fertigstellung der noch zu bauenden Erstaufnahmeeinrichtung in Heidhausen nicht mehr als ein Jahr veranschlagt zu haben. Über die 800 Essener Regel-Plätze hinaus benötige man landesweit noch deutlich mehr: Rund 5000 seien notwendig und erst dann die Notplätze verzichtbar, sagte Düker.
Noch laufen die Ausschreibungen für die Arbeiten am Overhammshof. Frühestens im ersten Quartal des kommenden Jahres könnten die Bagger anrollen, sagte Peter Renzel gestern auf Anfrage. Das Grünen-Szenario wollte Essens Sozialdezernent allerdings nicht kommentieren. Der Sozialdezernent geht nach wie vor davon aus, dass das Innenministerium und die Bezirksregierung nicht an der Stadt Essen vorbei neue Mietverträge für eine Weiternutzung des Opti-Gewerbeparks abschließen werden. „Wir arbeiten partnerschaftlich zusammen“, sagte Renzel.
So oder so: Aus Sicht der Grünen müsse das Innenministerium so schnell wie möglich die Karten auf den Tisch legen, fordert der Landtagsabgeordnete Mehrdad Mostofizadeh. Um für einen reibungslosen Asyl-Betrieb im Opti-Gewerbepark zu sorgen, sei ein eindeutiger Zeitrahmen zu nennen, wie lange die Notunterkunft tatsächlich benötigt wird. Nur dann, so Essens Grünen-Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger, könne zusätzliches qualifiziertes Personal verpflichtet werden, um Verbesserungen für die dort untergebrachten aktuell 350 Menschen sicher- und die zu Recht beklagten Missstände abzustellen. Mitarbeiter der Bezirksregierung, die nach dem Rechten sehen, haben bereits den Dienst angetreten. Doch fehlten zum Beispiel noch Erzieherinnen für die Kinderbetreuung.
Über 500 Flüchtlinge
Wie die NRZ berichtete, lebten in der ehemaligen LVR-Klinik zeitweise über 500 Flüchtlinge, obwohl die Einrichtung für nur maximal 450 Menschen ausgelegt ist. Asylbewerber klagten über gewaltsame Übergriffe von Wachleuten, die inzwischen keinen Dienst mehr in Essen versehen. Nach entsprechenden Anzeigen der Opfer geht die Staatsanwaltschaft dem Verdacht der Körperverletzung in mehreren Fällen nach.