Essen. . Eine evangelische Kita im Essener Westen sieht sich mit einem neuartigen Phänomen konfrontiert:Eine vollverschleierte Muslimin will ihr Kind abholen. Doch die Erzieherinnen dürfen das Kind nur an Personen übergeben, die sie kennen und denen sie ins Gesicht schauen können. Nun ist die Kirche am Zuge.

Die Frau mit der Burka: Sie ist Tagesthema im Stadtteil, ihre Aufmachung wühlt die Menschen auf. Sie polarisiert. Vollverschleiert steht die Muslimin vor einer evangelischen Kindertagesstätte im Essener Westen, um ihr Kind abzuholen. Der Schleier bedeckt ihren Mund, die Lippen, die Nase. Nur ihr Augenpaar schaut aus einem schmalen Schlitz in dem dünnen Stofftuch.

„Diese Situation ist völlig neu für uns“, sagt die Leiterin einer anderen evangelischen Kindertagesstätte in der Nähe. „Wir haben uns bis jetzt keinerlei Gedanken darüber gemacht, wie wir mit diesem neuartigen Phänomen umgehen.“

Das Problem der Leiterinnen und Erzieherinnen ist grundsätzlicher Natur und deshalb gravierend: Denn solange die Burka-Frau bei der Übergabe des Kindes ihren Schleier nicht enthüllt, wissen die Kita-Frauen nicht, ob sich tatsächlich die Mutter unter dem Ganzkörperschleier verbirgt. Und Kinder an Unbekannte abgeben – das ist juristisch völlig untragbar.

Elf evangelische Kitas gehören zum „Kindertagesstättenverband Essen-West und Rüttenscheid“ - von der Kita Grevelstraße bis zur Kita Weserstraße. Welche dieser Einrichtungen das Burka-Problem hat? Nun, um unliebsamen Rummel zu vermeiden, hüllt man sich in Schweigen. Und debattiert hinter verschlossenen Türen – wie etwa an diesem Montag. Denn gesucht wird eine einheitliche Regelung für den gesamten Kita-Verband.

Doch offenbar, so die allgemeine Einschätzung, soll sich nun eine noch höhere Kirchen-Instanz mit der heiklen Causa befassen: der Kreissynodalverband.

Immerhin, so heißt es, habe man sich am Montag auf eine vorläufige Burka-Regelung geeinigt. Diese besagt, dass vollverschleierten Frauen keine Kinder übergeben werden. Eine strenge, ja kompromisslose Entscheidung. Sollte die betroffene Mutter nämlich nicht bereit sein, auf den Schleier zu verzichten, müsse eben eine andere Person das Kind zur Kita bringen und wieder abholen: etwa der Vater, eine Verwandte, eine Freundin – in jedem Fall eine Person, die bei der Kita-Leitung bekannt und eingetragen ist. „Mir ist egal, wer das Kind abholt“, sagt eine Kita-Leiterin, „nur muss ich das Gesicht dieser Person sehen können.“

Und wie verfahren die städtischen Kindertagesstätten mit Burka-Frauen? Dazu teilt das Presseamt mit: „Für die Erzieherinnen und Erzieher in der Kita muss erkennbar sein, wer ein Kind abholt. Wenn eine verschleierte Mutter ein Problem damit hat, sich in der Öffentlichkeit zu enthüllen, besteht das Angebot, sich der Leiterin der Kita in einer separaten Räumlichkeit zu zeigen.“