Essen. Leon wurde gerade einmal 18 Tage alt, dann schlug ihn sein Vater tot. Das Baby schrie, während der Vater in Ruhe am Computer spielen wollte. Der 27-jährige Marcel B. ist am Montag wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen vom Essener Schwurgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Der Essener Marcel B., der am 6. Mai seinen erst 18 Tage alten Sohn Leon totschlug, ist vom Essener Schwurgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Baby hatte ihn nachts nach seinen eigenen Worten durch Schreien am Computerspiel im Internet gehindert. Das Gericht wertete das als Mord aus niedrigen Beweggründen.

Schon Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen hatte lebenslange Haft beantragt: „Der Angeklagte stellte seine Interessen ins Zetrum. Das ist schlicht eigennützig und damit ein niedriger Beweggrund.“ Richter Andreas Labentz sprach vom „Entsetzen“ der Kammer und von einem „krassen Missverhältnis“ der Tat: „Auf der einen Seite geht es um das Spielen, auf der anderen um das ungeschützte Leben Leons.“

„Ich wollte Leon nicht töten“, sagte der Angeklagte

Marcel B., der im gesamten Prozess einen ruhigen Eindruck gemacht hatte, nutzte das letzte Wort zu einer Art Entschuldigung: „Ich wollte Leon nicht töten“, sagte der 27-Jährige und richtete dann Worte an die 24 Jahre alte Mutter seines Sohnes: „Dir wollte ich nicht Leid und Kummer zufügen.“

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Verteidiger Volker Schröder hatte zuvor von einer „Überforderung“ des Angeklagten gesprochen, wie sie auch der psychiatrische Gutachter Dieter Oswald gesehen hatte. Schröder erinnerte an den Lebenslauf des Mandanten, der in seiner Kindheit Schläge von Mutter und Stiefvater erleiden musste und als Siebenjähriger für ein Jahr ins Heim kam.

Fünf Wochen alten Kind den Arm gebrochen

Allerdings kam auch der Verteidiger nicht daran vorbei, dass Marcel B. nach seinem Hauptschulabschluss nichts aus seinem Leben gemacht hatte: keine Ausbildung, kein Beruf. 2009 war er allerdings zu zwei Jahren Haft mit Bewährung verurteilt worden, weil er dem fünf Wochen alten Sohn einer früheren Freundin den Arm gebrochen hatte.

Richter Labentz ging im Urteil auf eine mögliche „Überforderung“ des Angeklagten in der Tatnacht ein. Hätte es sie gegeben, wäre das Mordmerkmal „niedriger Beweggrund“ entfallen. Labentz: „Wir haben nach besonderen Stresssituationen an diesem Tag gesucht, aber keine gefunden. Es war nichts Besonderes, denn dass ein Baby schreit, ist ganz natürlich.“ Marcel B. hätte ja auch selbst nicht von einem stundenlangen Schreien Leons berichtet.

Labentz betonte, mit welcher Heftigkeit der Vater auf seinen kleinen Sohn eingeschlagen haben muss, um den elastischen Schädelknochen zu brechen. Mit Worten sei diese Gewalt nicht zu beschreiben. Der Richter sprach dabei den Auftritt des Rechtsmediziners an, der im Gerichtssaal die Wucht des Schlages an einer Babypuppe verdeutlichte. Labentz: „Wir hatten den Eindruck, dass ihm das nicht möglich war, dass er sogar bei einer Puppe gehemmt war, so fest zuzuschlagen.“