Essen. Hans-Werner Thönnes hat innerhalb der Kirche eine erstaunliche Karriere gemacht, die an diesem Montag überraschend zu Ende ging: Der Bischofsvikar für die Caritas legte am Montag sein Amt mit einem Paukenschlag nieder. Mitarbeiter und Weggefährten stehen unter Schock.Thönnes' Verhältnis zu Ruhrbischof Overbeck galt als belastet.

Eine bemerkenswerte Kirchenkarriere nahm am Montag mit einem Paukenschlag ihr – vorläufiges – Ende: Hans-Werner Thönnes trat mit erst 61 Jahren als Bischofsvikar für die Caritas im Bistum zurück, um fortan „seelsorgerische Aufgaben wahrzunehmen“. Haupt- wie ehrenamtliche Mitarbeiter traf die Nachricht unvorbereitet, die meisten bedauern Thönnes’ plötzlichen Rückzug; alle rätseln, was ihn dazu trieb.

Er selbst hat „persönliche Gründe“ angegeben, und mehr ist auch nach Tagen von ihm und von offizieller Seite nicht zu hören. Das Bistum schweigt – Caritas-Urgestein Rudi Löffelsend, noch im Ruhestand mit seinem alten Arbeitgeber verbunden, spricht: „Die Nachricht hat mich geschockt! Ich habe Hans-Werner Thönnes als Hoffnungsträger für die Caritas gesehen.“

Als solcher hatte der promovierte Priester das Amt vor erst zwei Jahren angetreten: Ihm traute man den Umbau der Caritas im Bistum zu. Schließlich hatte Thönnes schon eine ebenso heikle Aufgabe bewältigt: Im Jahr 2004 hatte der damalige Ruhrbischof Felix Genn ihn zum Generalvikar ernannt, er war damit Stellvertreter und „alter ego“ des Bischofs. Und bekam von diesem den Auftrag, die Umstrukturierung im Bistum voranzutreiben und „den Spagat zwischen seelsorgerisch Wünschenswertem und ökonomisch Möglichem zu wagen“.

Thönnes also legt zig Kirchengemeinden zu Großpfarreien zusammen, bringt den Kita-Zweckverband als Träger für 270 katholische Kindergärten auf den Weg, stellt das Bistum auf eine sichere wirtschaftliche Basis. Ein ebenso radikaler wie schmerzhafter Umbau, der ihm auch selbst nahegegangen sein soll.

Als „alter ego“ von Overbeck brachte Thönnes zu viel Ego mit

Als im Jahr 2009 mit Franz-Josef Overbeck ein neuer Ruhrbischof ins Amt kommt, endet eigentlich auch Thönnes’ Amtszeit: Jeder Bischof ist frei, die Vertrauensposition des Generalvikars neu zu besetzen. Overbeck hält zunächst am verdienten Thönnes fest; doch die Zusammenarbeit soll sich zusehends schwieriger gestaltet haben, sagen Beobachter. Auch weil hier zwei selbst- und sendungsbewusste Kirchenmänner auf einander treffen. Anders gesagt: Als „alter ego“ von Overbeck brachte Thönnes selbst zu viel Ego mit.

So tauscht er 2012 die machtvolle Position als Vertreter des Bischofs gegen den Vorsitz der Caritas: ein Amt, das Kirchenkenner als eine Art „Hauptabteilungsleiter Pflege- und Gesundheit“ im Konzern Ruhrbistum beschreiben. Von einer Entmachtung könne gleichwohl keine Rede sein, heißt es seitens des Bistums. Thönnes werden offenbar Extrawünsche für die Ausstattung des Amtes erfüllt. Dafür soll er sich als Sanierer nun die kirchlichen Kliniken und Pflegeheime vornehmen, die Caritas professionalisieren.

An Geld fehlt es dabei zunächst nicht, im Gegenteil: Im Jahr seines Amtsantritts wird die Caritas auf eine neue finanzielle Basis gestellt. Seither bekommt sie jährlich zehn Prozent der Netto-Kirchensteuereinnahmen des vorletzten Haushaltsjahres. In diesem Jahr sind das 15 Millionen Euro, im Jahr 2016 wären es hochgerechnet 18 Millionen – vor der Umstellung waren es neun. Die üppige Finanzierung steht jetzt auf dem Prüfstand. „Aber dass wir uns das nach zwei Jahren ansehen“, betont Bistums-Sprecher Ulrich Lota, „stand von vornherein fest“.

Wegbegleiter bezweifeln ohnehin, dass Thönnes allein wegen sinkender Einnahmen oder der Mühsal des Caritas-Umbaus hinwirft. Der Widerstand bei der Umstrukturierung des Bistums habe ihm zu schaffen gemacht, „aber er ist ein Macher und äußerst loyal“. Er müsse wohl den Rückhalt an der Spitze des Bistums vermisst haben. Das zielt auch gegen Bischof Overbeck, dessen Verhältnis zu Thönnes als belastet gilt. Offiziell dankte der Bischof dem Scheidenden für seinen „engagierten Einsatz“, in interner Runde soll er gesagt haben, Thönnes habe sich „überfordert“ gefühlt. Eine Empfehlung für künftige Spitzenämter ist das nicht.