Uhrmachermeister Siegfried Hammelmann ist nach 40 Jahren mit seiner Werkstatt an der Franziskastraße in Rente gegangen. Obwohl es an Aufträgen nicht mangelt, stirbt sein Handwerk langsam aus. „30 Prozent der Jugendlichen besitzt keine Armbanduhr, die schauen auf ihr Handy“, bedauert der 72-Jährige.

Im Hintergrund summt es mechanisch. Der Besucher hört die Zeit verrinnen. Winzige Zahnräder, Ziffernblätter und Zeiger liegen fein einsortiert vor den Adleraugen Siegfried Hammelmanns. Die Spitze des kleinsten Schraubendrehers misst gerade einmal 0,3 Millimeter. Das Werkzeug verschwindet beinahe in den großen Händen des Uhrmachermeisters. Der weiß seine Finger seit mehr als 40 Jahren so filigran einzusetzen wie nur wenige.

Immer wieder wird das fast meditative Maschinen-Geräusch von lautem Telefonklingeln durchbrochen. Siegfried Hammelmann geht nicht ran. „Ich müsste ihnen ja doch nur sagen, dass ich seit Mai im Ruhestand bin. Bald stelle ich die Korrespondenz auf E-Mail um, dann habe ich hier etwas mehr Ruhe“, sagt der 72-Jährige. Obwohl er Rentner ist, schließt Hammelmann noch jeden Morgen die Tür zu seiner Werkstatt an der Franziskastraße auf und widmet sich seiner größten Leidenschaft: antiken Uhren. „Ich habe es einfach umgekehrt und aus meinem Beruf ein Hobby gemacht“, sagt der Rüttenscheider und lacht. Arbeitete er früher nicht selten 16 Stunden am Tag, um die Fülle defekter Uhren wieder zu reparieren, so kümmert er sich heute nur noch um jene Stücke, die wirklich seinen Ehrgeiz packen. So wie eine französische Pendule – eine goldene Tischuhr, die mit Putten übersät ist und trotz ihres Baujahrs 1850 noch auf die Minute genau die Zeit anzeigt. „Alte Uhren wie diese wieder ans Laufen zu bringen – das ist es, was meinen Beruf ausmacht. Den Fehler zu finden, warum sie stehen geblieben ist. Und ihre Mechanik zu verstehen. Bei den Quarzuhren von heute ist das nicht so spannend“, sagt Hammelmann.

Eben mit diesen „neuen“ und weitaus billiger zu produzierenden Uhren begann nach Meinung Hammelmanns auch der Niedergang des Handwerks, wie er es noch während seiner Ausbildung ab 1956 kennenlernte. 1974 eröffnet er seinen Laden in Rüttenscheid, „da gab es bestimmt noch fünf weitere Uhrmachermeister auf der Rü, jeder Juwelier hatte ja noch seinen eigenen“, erinnert sich Hammelmann. Es war jene Zeit, in der zu Anlässen wie Kommunion oder Konfirmation noch hochwertige Armbanduhren verschenkt wurden, es zum Betriebsjubiläum noch eine Taschenuhr gab. „Das kauft ja heute keiner mehr. 30 Prozent der Jugendlichen tragen überhaupt keine Uhr mehr, die schauen auf ihre Handys“, weiß Hammelmann aus einer Branchenzeitschrift. Das Geschäft würde heute maßgeblich von den großen Herstellern und dem Internet bestimmt, „als kleiner Handwerker überlebt man das kaum“, sagt Hammelmann.

Dabei konnte er sich über mangelnde Aufträge nicht beschweren, viele Menschen brachten ihre Uhren zu ihm. „Die meisten meiner Kunden sind Liebhaber, für die ihre Uhr noch Bedeutung hat“, sagt Hammelmann und etwas Wehmut liegt in seinem Blick. Dennoch ist der Uhrmachermeister keiner, der der Zeit hinterher trauert. „Das Schöne an diesem Beruf ist, dass ich ihn bis 90 ausüben kann – solange Hände und Augen mitspielen. Jetzt im Ruhestand kann ich mir für meine Herzensprojekte Zeit lassen.“