Es gibt genügend Leute, die sich nur auf einen OP-Tisch legen, wenn sichergestellt ist, dass Klaus-Adrian Schlegtendal das Skalpell führt. Das wird künftig etwas schwieriger. Der leitende Oberarzt am Werdener Krankenhaus hat Ende Oktober mit Erreichen der Altersgrenze seinen Dienst beendet - offiziell. Inoffiziell sieht es so aus: „Ich bin 67, aber ich fühle mich überhaupt nicht wie ein Rentner“, sagt Schlegtendal, den alle nur Claudio rufen. Und weil seine Chefs im Krankenhaus der selben Meinung sind, wird der überzeugte Werdener demnächst als „Senior Consultant“, freiberuflich weiter operieren. Welche Ausmaße das bekommt, wird man dann sehen.

Operieren ist für Schlegtendal eigentlich keine Arbeit, sondern Leidenschaft. „Man kann sehr schnell Menschen heilen und sie wieder glücklich machen, das war für mich immer das wichtigste.“ Schlegtendals Ruf sprach sich herum, Kranke aus aller Welt kamen in den letzten Jahrzehnten nach Werden, um sich ihm anzuvertrauen. Neben seinen fachlichen Fähigkeiten hat das auch etwas mit seinem Hobby zu tun: Schlegtendal ist ein begeisterter Rallye-Sportler, hat viel von der Welt gesehen und dabei unzählige Freundschaften geschlossen. Dazu hat eine Offenheit und Herzlichkeit beigetragen, der man sich nicht entziehen kann, selbst wenn man wollte.

Gute Ärzte, die noch dazu gute Netzwerker sind, gehen die Patienten so schnell nicht aus, dafür sorgt das Prinzip Schneeball: Einer sagt’s dem anderen und am Ende kann sich so einer vor lauter Anfragen kaum retten. Und Schlegtendal ist ein verdammt guter Netzwerker. Viele Ärzte reagieren reserviert, wenn man sie im privaten Rahmen mit einem medizinischem Problem und der Bitte um Rat behelligt. Er ist da anders. „Ich bin Waage, ich freue mich einfach, wenn ich Menschen helfen kann.“ Geld sei dabei für ihn nie entscheidend gewesen.

Ursprünglich zog es ihn zum Theater, doch dann fiel der Apfel mal wieder nicht weit vom Stamm: Der Spross einer Medizinerfamilie kam selbst zur Medizin, wollte erst Kinderarzt werden („ging nicht, zu viele hysterische Mütter“), um dann zur Unfall- und Bauch-Chirurgie zu gelangen. Seine Spezialität ist die Leisten-OP, die er mit einer kleinen, feinen Erfindung nach vorne brachte - einem Gewebeschlauch, der die Leisten nach der OP stärkt. Claudio Schlegtendal weiß, was er kann und kennt auch seinen Wert für das Werdener Krankenhaus - am Aufstieg aus einer eher unkomfortablen wirtschaftlichen Situation hat er gewiss seinen Anteil. Seit 1978 schon ist er auch privat Werden als hier wohnender Bürger verbunden.

Wie viele leidenschaftliche Ärzte kommt er mit wenig Schlaf aus. Anders wäre es wohl kaum möglich gewesen, für die jährliche Oldtimer-Rallye „Tour der Rü“ nächtelang sehr aufwendig die genaue Strecke zu kartieren und morgens wieder putzmunter am OP-Tisch zu stehen. Immerhin: Für die Autos ist jetzt mehr Zeit - wahrscheinlich jedenfalls. Aber warten wir’s mal ab...