Ennepetal, Gevelsberg, Schwelm. Wissen Sie, was in die Biotonne gehört und was nicht? Viele scheitern an dieser vermeintlich einfachen Frage und das macht es für jeden teurer.
Wirklich alles, was in der Biotonne landet, kann verwertet werden. Zumindest in der Theorie. Denn das, was das heimische Abfallunternehmen AHE so alles aus dem Biomüll fischt, hat damit oft überhaupt nichts zu tun. „Und“, so mutmaßt Geschäftsführer Johannes Einig, „etwa 70 Prozent der Wertstoffe für den Biomüll landen im Restmüll.“ Seit Jahren will der dieses massive Problem angehen, auch weil es am Ende dafür sorgt, dass jeder und jede Einzelne höhere Müllgebühren zahlen muss, als notwendig.
Besuch bei der AHE-Vergärungsanlage in Witten. Hierher bringen die Müllwagen den Biomüll aus den neun Städten des Ennepe-Ruhr-Kreises. Im vergangenen Jahr gelangten aus Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal exakt 6716,08 Tonnen Biomüll zu der Anlage, wo Grünschnitt, Lebensmittelreste & Co. unter anderem in Biogas und Dünger verwandelt werden. „Genau genommen ist Biomüll das, was vor und nach dem gefüllten Teller anfällt, sowie Grünschnitt aus dem Garten“, beschreibt Johannes Einig, was in die Tonne gehört, die in einigen EN-Städten braun ist, in anderen schwarz mit grünem Deckel. Heißt: Essensreste, alte Lebensmittel, Obst- und Gemüsereste, deren Schalen, Eierschalen, Kaffeesatz und Kaffeefilter, Tee, Teebeutel, Küchenpapier, Grün- und Strauchschnitt, Laub, und Blumen kommen in diese Tonne.
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Doch wer dem AHE-Chef über das Wittener Gelände folgt, dessen Blick bleibt zwangsläufig an den großen Containern hängen, die mit ganz anderen Dinge gefüllt sind: Berge aus Plastik-Teilen, Dosen, beschichteten Folien. Hunderte Kilogramm, die im EN-Kreis im Biomüll landen.
Sogar einen Stahlträger fanden die AHE-Leute bereits im Biomüll. Wie passt der denn in die Tonne? „Er wird maximal etwa 50 Zentimeter lang gewesen sein“, sagt Einig. Das größere Problem sind allerdings die Dinge, die möglicherweise oft aus Bequemlichkeit mit in der Biotonne landen: Die Verpackung der angeschimmelten Tomaten, der halbe Joghurt samt Becher oder das Beispiel, des Gurkenglases mit noch einer einzigen Gurke und dem Wasser darin, das der AHE-Chef nennt. Er vermutet, dass hinter den Fehlwürfen stecke, dass die Menschen ihren Müll ohne Wertschätzung entsorgen: „Solange eine Glasflasche gefüllt ist, hat sie einen Wert, nämlich das Trinken. Danach ist sie für die meisten wertlos. Betrachtet man sie aber als wertvolle Ressource, bekommt man ein Verständnis dafür, dass Glas ein unendlichfach wiederverwertbares Gut ist.“ Und zwar am besten, wenn es nicht im Biomüll landet.
Denn diese Fehlwürfe sind für den Prozess der energetischen Verwertung sehr anstrengend, erklärt der AHE-Geschäftsführer und skizziert kurz das Biomüll-Prozedere: Nachdem der Müll in Witten angekommen ist, wird er gewogen, abgekippt und maschinell vorbehandelt, indem die Abfälle zerkleinert und von Störstoffen befreit werden. „Etwa sechs bis zehn Prozent Störstoffe landen im Biomüll. Wir wollen daraus reine Produkte erzeugen. Je mehr Plastik, Glas und Metalle darin jedoch enthalten sind, desto schwieriger ist genau das.“ Ein Trinkglas am Stück könne einfach entnommen werden, Scherben aber nicht.
All das ist aufwendig und kostet enorm viel Geld, das am Ende wieder auf die Müllgebühr eines jeden Einzelnen umgelegt wird. Diese setzt sich - grob gesagt - zur Hälfte aus den Entsorgungs- und Transportkosten der einzelnen Städte zusammen und zur anderen Hälfte aus den Preisen, die die AHE für ihre Arbeit berechnet. Je aufwendiger diese ist, desto teurer wird die Müllabfuhr am Ende für die Bürgerinnen und Bürger.
Letztendlich entstehen drei Produkte aus Bioabfall: Methangas, flüssige Gärrückstände und Kompost. Die festen und flüssigen Anteile werden als Dünger eingesetzt. „Sie dienen als Bodenverbesserer auf Agrarflächen und fördern die Fruchtbarkeit von Böden“, sagt Johannes Einig. Nicht zuletzt, weil sie so wieder in den Lebensmittelkreislauf gelangen, sei es besonders wichtig, auf Mülltrennung zu achten. Das Methangas wird in Blockheizkraftwerken zur Strom- und Wärmegewinnung genutzt.
Das nächste Problem, das exakt dieselben monetären Konsequenzen hat: Etwa 70 Prozent der Lebensmittelreste landen im Restmüll. Dort sind sie nutzlos und gelangen schließlich in die Müllverbrennung. Einig wünscht sich ein besseres Bewusstsein der Menschen, andererseits will er Sortier- und Trocknungsprozesse beim Restmüll massiv vorantreiben, was etliche Lkw-Fahrten zu den Verbrennungsanlagen sparen würde.
Sind Kontrollen die Lösung? „Das ist schwer umsetzbar, weil es kaum prüfbar und an Sanktionen gekoppelt wäre“, erklärt der Entsorgungsfachmann. Das könnten diejenigen, die die Tonnen leeren, zudem überhaupt nicht umsetzen. Johannes Einig setzt auf Aufklärung und hofft so, dem reinen Biomüll im EN-Kreis in kleinen Schritten näherzukommen.