Duisburg. . Jürgen Hinke vom Nabu fordert eine andere Agrarpolitik für den Vogel des Jahres 2019. Wo die Lerche in Duisburg noch zu Hause ist.
Jürgen Hinke hat die Straßenbahnhaltestelle „Lutherplatz“ in Neudorf als Treffpunkt gewählt. Warum der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) in Duisburg ausgerechnet dort über den Vogel des Jahres 2019 reden will, wird auf den zweiten Blick klar. Schräg gegenüber befindet sich die Lerchenstraße. Und so gibt es, bevor Hinke über den vom Aussterben bedrohten Vogel spricht, einen kleinen Exkurs in Stadtgeschichte.
Landwirtschaft bedroht Lebensraum
„Früher, Ende des 18. Jahrhunderts, wurden viele Bauern aus Ostpreußen nach Duisburg und auch nach Neudorf umgesiedelt“, erklärt der 61-Jährige. „Mit ihnen kamen zahlreiche Lerchen, die sich hauptsächlich in Grünland- und Ackergebieten ansiedeln.“
Das Problem: Durch die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft verliert die Lerche immer mehr an Lebensraum. Sie war bereits 1998 Vogel des Jahres, stand damals schon auf der Vorwarnstufe zur Roten Liste der Brutvögel. „Damals hat man die Gefahr erkannt, es ist aber nicht gegengesteuert worden. Ganz im Gegenteil“, so Hinke. Die Folge: „So sind die Bestände in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren um ein Drittel zurückgegangen. Es ist 5 vor 12. Die Lerche wird nun als gefährdet eingestuft.“
Das Nest vor Angreifern schützen
Der Vogel hat früher in Steppengebieten gelebt, braucht trockene bis wechselfeuchte Böden mit einer kargen und vergleichsweise niedrigen sowie nicht zu dichten Vegetation. „Die Lerche muss einerseits ihr Nest gut vor Angreifern wie Katzen, Füchse oder Marder verstecken können, es andererseits nach der Nahrungssuche für den Nachwuchs aus der Luft auch wiederfinden können. Sie wird deshalb zum Beispiel nie in einem Maisfeld brüten.“
Zum Schutz des Vogels sei es ganz wichtig, wieder mehr Lebensräume zu schaffen. Hinke spricht von einem Mosaik verschiedener Nutzungen. Das heißt: Brachen erhalten, mehr Grünland und kein Gift aufs Feld. Der Duisburger Nabu-Vorsitzende fordert eine naturverträgliche Agrarpolitik . „50 Milliarden Euro werden pro Jahr an Agrarsubvention in Europa ausgegeben . Da müssten die Bürger den EU-Politikern mal ordentlich auf die Füße treten“, sagt Hinke mit Blick auf die Europawahl in diesem Jahr. Positiv: Einige Bauern, erzählt er, sorgten für Lerchenfenster, sparen auf ihren Feldern Vier-ecke aus, in denen nicht angepflanzt wird.
Grundsätzlich sehr gute Bedingungen finden die Lerchen im Mündelheimer Rheinbogen vor. Dort gibt es laut Hinke noch recht hohe Bestände mit schätzungsweise 100 Brutpaaren.
>> KLEINE VOGELKUNDE: DIE LERCHE
Die hochbeinige Lerche hat eine Körperlänge von 16 bis 18 Zentimetern und einen relativ langen Schwanz. Das Gefieder ist am Bauch hell, ansonsten beige bis rötlich-braun gefärbt und dient als gute Tarnung.
Die Männchen besetzen durch einen Singflug die Reviere, in denen häufig zwei Mal im Jahr gebrütet wird – jeweils mit einem Gelege von zwei bis fünf Eiern. Pro Brut überlebt oft nur ein Jungtier, das drei bis vier Jahre alt werden kann.
Lerchen fressen während der Brutsaison Insekten und deren Larven sowie Spinnentiere, im Winter Sämereien. Sie überwintern bevorzugt in Südfrankreich und Spanien und kehren ab Mitte Februar zum Brüten zurück – je nach Witterung mal früher oder später.
ZUR PERSON: JÜRGEN HINKE
Jürgen Hinke ist seit 1987 Mitglied im Naturschutzbund, der damals noch Deutscher Bund für Vogelschutz hieß. Seit über 20 Jahren ist er Vorsitzender des Nabu in Duisburg, der derzeit rund 500 Mitglieder zählt. Weitere Informationen zum Stadtverband gibt es online auf www.nabuduisburg.de oder per E-Mail an nabudu@aol.com.