Duisburg-Baerl. Die Messstation des Deutschen Wetterdienstes in Baerl hat den Spitzenwert am 19. Juli knapp verfehlt. Warum im Duisburger Westen gemessen wird.

Mit 39,5 Grad Celsius hat die Messstation des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Baerl am 19. Juli zwar nicht die höchste Temperatur in ganz Deutschland gemessen, aber einen sehr hohen Wert festgestellt. Den Spitzenwert registrierte nach einer Nachmeldung die Messstation in Emsdetten mit 40 Grad. Dass die Temperaturen im Duisburger Westen jedoch so hoch klettern, ist für den Wetterdienst nicht überraschend. Im Gegenteil: „Das war zu erwarten“, sagt Diplommeteorologe und DWD-Sprecher Andreas Friedrich. 2018 wurde in Baerl der Spitzenwert verzeichnet, mit 41,2 Grad hat die Station hier 2019 zudem die bislang höchste Temperatur in Deutschland überhaupt gemessen. Warum ausgerechnet hier?

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„Die Region liegt sehr niedrig“, erklärt der Experte. „Da hat man die niedrigste Geländehöhe. Der Niederrhein gehört zu den heißesten Regionen in ganz Deutschland.“ Das mag für Laien im ersten Moment sonderbar klingen. Wie kann es im ländlichen Baerl heißer sein als in der Duisburger Innenstadt? „Ist es nicht“, sagt Friedrich. Die Messstationen des Wetterdienstes stehen ganz bewusst nicht in Innenstädten, sondern außerhalb. In Duisburg hat der DWD nur diese eine Station für Temperaturmessungen. „Unser Ziel ist es ja nicht, einen Rekord zu messen“, betont er. Vielmehr stehe das Dokumentieren von repräsentativen Messwerten im Vordergrund.

Hitzemessungen: Messwerte müssen vergleichbar sein

„In Städten gibt es nicht die Standorte, die wir brauchen, um Messwerte vergleichen zu können“, ergänzt Jörn Bremer von der Regionalen Messnetzgruppe Offenbach, der für die Außenstelle in Essen im Dienst ist. Diese Standorte fänden sich in ländlichen Bereichen. Ein entscheidender Faktor sei die Hindernissfreiheit, erklärt Bremer. Häuser und Bäume sollten nicht in der Nähe stehen, denn dann wären die Messwerte nicht mehr vergleichbar. Bremer gibt ein Beispiel, verweist auf die Fußgängerzone in der Duisburger Innenstadt. „Diese Fläche heizt sich an heißen Tagen natürlich extrem auf. Die Messwerte sind aber dort dann nur vergleichbar für eben diesen Standort – und eben nicht für den Innenhafen oder ländliche Regionen in Duisburg.“ Der Standort Fußgängerzone würde also lediglich eine Fläche von ein paar hundert Metern repräsentieren.

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Hundertprozentig vergleichbare Orte gebe es zwar nicht, sagt Bremer. Aber: „Es braucht eine relative Beeinflussungsfreiheit. Wenige Hindernisse, wenige wärmeabsorbierende Flächen.“ Denn hinter den Messungen steckt ein höheres Ziel, erklärt DWD-Sprecher Andreas Friedrich. „Was wir wollen, ist die Klimaerwärmung zu dokumentieren. Wenn wir jetzt in der Innenstadt messen, dann trifft das keine genauen Aussagen.“

DWD annullierte Höchsttemperatur in Lingen

Ein prominentes Beispiel ist die Messstation im niedersächsischen Lingen. Dort annullierte der Wetterdienst im Dezember 2020 die im Juli 2019 gemessene Höchsttemperatur von 42,6 Grad. Denn eine Untersuchung ergab: „Seit 2017 traten am Messfeld der Station immer wieder Temperaturen auf, die für die Region nicht repräsentativ sind“, teilte der DWD damals mit. „Verantwortlich dafür sei die in den vergangenen Jahren deutlich gewachsene Vegetation in direkter östlicher Nachbarschaft der Station. Sie behindere immer wieder bei Windrichtungen aus Nordosten bis Südosten den Luftaustausch.“ Dies habe zu einer Abkopplung der lokalen Temperaturen geführt.