Duisburg-West. . Was passierte während der beiden Weltkriege in den heutigen West-Stadtteilen Homberg, Baerl, Rheinhausen und Rumeln-Kaldenhausen? Eine Einordnung.
Den Ausbruch des 1. Weltkriegs verschuldeten weitgehend das deutsche und das österreichisch-ungarische Kaiserreich, den 2. Weltkrieg allein Adolf Hitler und der Nationalsozialismus. Darin ist sich die aktuelle, moderne Geschichtsforschung inzwischen absolut einig.
Von Kämpfen, Schlachten, Kriegshandlungen blieb der Duisburger Westen im 1. Weltkrieg (1914-18) gottlob verschont - gekämpft wurde an der West- und an der Ostfront, weit entfernt von Rheinhausen und Rumeln-Kaldenhausen, Homberg und Baerl. Doch die Kriegsfolgen zeigten sich im heutigen Duisburger Westen trotzdem dramatisch, mittelbar, nicht unmittelbar: Tausende Männer aus dem Westen wurden eingezogen, die später in ihrer Heimat in Lazaretten versorgt - oder auf heimischen Friedhöfen bestattet wurden. Und der anfängliche Hurra-Patriotismus des Kaiserreichs, die blinde Kriegsbegeisterung wich mit dem stockenden Verlauf der Kämpfe, vor allem an der Westfront, der Ernüchterung und Enttäuschung, auch wegen der oft schlechten Versorgungslage, im Reich wie im Duisburger Westen.
Zeitzeugen und das Stadtarchiv
Vergleichsweise noch viel schlimmer war die Situation der Bevölkerung in Rheinhausen, Homberg, Rumeln-Kaldenhausen und Baerl während der fast sechs Jahre des 2. Weltkriegs (1939-45). Das belegen zahlreiche Bilder, schriftliche Quellen, unter anderem aus dem Stadtarchiv Duisburg, und Zeitzeugen: Zahlreiche Tote und Verletzte gab es auch jetzt, sogar mehr als im 1. Weltkrieg. Doch dazu kamen jetzt auch noch alliierte Bombenangriffe, die wie unsere Serie zeigen wird, eher die Zivilisten und ihre Gebäude trafen, weniger oder erst in zweiter Linie kriegswichtige Unternehmen wie das Krupp-Stahlwerk in Rheinhausen, die Zechen Diergardt-Mevissen in Bergheim oder Rheinpreußen in Homberg, die chemischen Werke Sachtleben in Homberg-Essenberg oder Bayer im benachbarten Uerdingen. In allen genannten Werken konnte die Produktion, wenn auch teilweise mit Einschränkungen, bis Kriegsende aufrecht erhalten werden, wie die Quellen belegen.
Zur gleichen Zeit konnten die Zivilsten, darunter viele Kinder, Frauen und Ältere, in die zahlreichen Hoch- und Tiefbunker flüchten, die die Nazis ab 1940 in der Bunkerstadt Rheinhausen massiv errichteten. Diese Zeitung hat in einer großen Serie im Jahr 2011 über diese Beton gewordenen Denkmäler der Nationalsozialisten berichtet. Trotzdem gab es auch im heutigen Duisburger Westen bis zum Kriegende am 8. Mai hunderte Tote und Verletzte, durch die Bombenangriffe, aber auch durch sinnlose Abwehrkämpfe von Wehrmacht und SS bei der Einnahme des Duisburger Westens durch alliierte Bodentruppen Ende Februar/Anfang März 1945.
Das Volk stand zum „Führer“
Dennoch hielt ein Großteil der Bevölkerung stramm zum „Führer“ und seinen Schergen, anders als im 1. Weltkrieg, wo der ausbleibende Kriegserfolg relativ schnell dazu führte, dass sich viele Bürger des Kaiserreichs zunehmend von Kaiser Wilhelm II, der Monarchie als Staatsform generell, abwandten, Sozialdemokraten, Arbeiter, Gewerkschafter allemal. Auch die Versorgungsengpässe in den Jahren des zweiten großen Kriegs, wurden oder mussten in Kauf genommen werden.
Beide Weltkriege waren eine Menschheitstragödie gigantischen Ausmaßes, die in der Geschichte bis heute und - so ist sehr zu hoffen - für immer - beispiellos ist. Was den 2. gegenüber dem 1. Weltkrieg noch schlimmer macht, sind nicht nur der forcierte Einsatz militärische Technik und seine Folgen, sondern auch die unzähligen tragischen Schicksale der Kinder, Frauen und Männer, die Hitler, Himmler, Goebbels, Goehring, SA, SS, Gestapo und auch die ganz normale Polizei verfolgten: Juden, katholische Christen, Demokraten, Sozialdemokraten, Kommunisten, Zeugen Jehovas, Roma, Sinti und Homosexuelle.
Auch im Duisburger Westen wurden Menschen in unbekannter Zahl unterdrückt, gefoltert, verletzt, in die Konzentrationslager verschleppt und ermordet. Über einige wenige Einzelschicksale aus Rheinhausen haben wir in den vergangenen Wochen bereits berichtet.
Gegen diesen Rassenwahn und Gesinnungsterror regte sich - wie in anderen Teilen des Dritten Reiches Widerstand. Dafür stehen Frauen und Männer wie der Rheinhauser Bergmann Alfred Hitz, der im Keller des Duisburger Polizeipräsidiums mit drei Genossen erschlagen wurde.
Auch das ist ein Teil der Geschichte. Einige weitere Aspekte will die Serie im Laufe des Gedenkjahres beleuchten.