Duisburg-Rheinhausen. . Im Rahmen der Duisburger Akzente taucht im Therapiezentrum des Bertha-Krankenhauses ein Tanztheaterstück in die Tiefe der Seele ein
Abgewendet sitzt sie da – die „Seele“, in sich verschlossen und schaut nicht hin. Will nicht sehen, wie eine Frau ihre frisch lackierten Fingernägel dekadent in einer Wasserschüssel wäscht – es sind jedenfalls nicht die Hände in Unschuld. Um sie herum kriechen Bettler, die mit letzter Kraft versuchen, einen Tropfen des kühlen, Leben spendenden Nass zu erhaschen – dabei generös von der aufrecht sitzenden Frau ignoriert werden – und schließlich vor ihren Augen verdursten und den Lebensgeist aufgeben, während die Musik des polnischen Komponisten Henryk Mikolaj Gorecki ihr übriges tut, dass diese Szene möglichst intensiv die Emotionen des Zuschauers berührt.
Bei den Proben zum Theaterstück „Geld oder Leben“ im Therapiezentrum des Rheinhauser Bertha-Krankenhauses, das am 20. März im Rahmen der Duisburger Akzente aufgeführt wird, geht es ans Eingemachte, und Tanz- und Ausdruckstherapeutin Rita Maaßen holt gerade alle möglichen Emotionen aus ihren sechs Darstellerinnen heraus. „Wir wollen in unserem Stück nicht mit dem erhobenen Zeigefinger agieren, sondern ich schaue, dass meine Darstellerinnen möglichst authentisch rüberkommen“, sagt die Regisseurin. Denn das wirkt am intensivsten.
Improvisation pur
Wie einst Pina Bausch springt sie zwischen ihren Schauspielern umher, kitzelt Gefühle aus ihnen heraus, die diese dann in Aktion bringen – Improvisation pur, aber immer mit der notwendigen professionellen Distanz. „Ich versuche, die Schauspieler sie selbst sein zu lassen, das heißt sie dürfen ihre Gewohnheiten gerne ins Stück mit einfließen lassen,“ sagt Maaßen.
Das machen dann auch alle , rauchen entweder einen Zigarillo, essen eine ganze Tafel Milka-Schokolade, sprühen Insektenspray durch den Raum, während sie dazu in einen gerade von der Therapeutin erfundenen, marschähnlichen Tanzschritt einsteigen und sich dann auf herumliegende Müllbeutel setzen, begleitet von heftigen Hip-Hop-Beats. „In dem Stück kommt zum Ausdruck, dass das Leben nicht nur vom Faktor „Geld“ und materiellen Werten bestimmt wird – sondern, dass es mehr dazu braucht“, sagt die Regisseurin.
Ja genau, was macht eigentlich die „Seele“? Schauspielerin Monika Zunochowski hat vielleicht den schwierigsten Part von allen: „Sie versucht die Empathie, das Mitgefühl zu den Mitmenschen aufzubauen, was in unserer Gesellschaft immer mehr ins Hintertreffen gerät“, erklärt Rita Maaßen. Verknöchert, in sich verschlossen, in selbst gewählten Posen, quasi wie emotional tot, stehen die fünf anderen Schauspieler in der Schlussszene verstreut im Raum, und Monika Zunochowski tanzt als leibhaftige „Seelenwanderung“ zwischen ihnen umher und versucht, sie neu zu inspirieren.
„Für mich ist das nicht einfach, ich muss ja jeden anders berühren und zum Leben erwecken“, sagt die Schauspielerin, die die eine sanft an der Schulter streift, die andere dann an der Stirn antippt. Und siehe da, die zum Leben erweckten emotional Toten, fassen sich an den Händen und marschieren in die Mitte des Raumes – zu einer aufgestellten Wasserschüssel und bilden einen Kreis darum.
Die Idee dahinter: Der japanische Esoteriker Masaru Emoto hatte einst 500 Personen dazu aufgefordert, an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit ihr „Chi“, also alle geistige und emotionale, seelische Kraft, quasi als Gedankenübertragung oder Weiterentwicklung des „kollektiven Unterbewussten“, zu dieser Wasserquelle zu senden, so dass sich aus der Schüssel eine Blüte bildete – was fotografisch festgehalten worden sei. Und ob dieses Experiment auch im Theaterstück „ Geld oder Leben“ gelingt, davon können sich interessierte Zuschauer am 20. März um 19 Uhr im Therapiezentrum am Bertha-Krankenhaus überzeugen.