Bei einem Kopisten achten die Kritiker darauf, dass seine Darstellung des Idols möglichst nah am Original ist. Und gerade beim „King of Pop“, Mr. Michael Jackson daselbst, könnte es eine Lebensaufgabe für den Imitator werden. Die Frisur jedenfalls saß schon mal – als Jackson (Sascha Pazdera) während der Show„Michael Jackson Memory Tour - The King of Pop is back“ , weiß gebleicht im Gesicht, die Rheinhauser Bühne betrat – mit feinsten Dreadlocks, die man ihm in sein Haupthaar gezwirbelt hatte, und in einem futuristischen goldenen Glitzeranzug, der schon den „Moon Walk“ erahnen ließ.

Aber schon der leichteste erkennbare Bauchansatz unter seinem Overall brachte mehrere junge Mädchen dazu, in der Pause über Facebook: „Michael ist zu dick!“ zu posten. Genauigkeit eben da, wo sie angebracht ist. Der Imitator gab aber in seinem Set alles, um diese kleine Delle über seinem Six-Pack zu kaschieren und wieder abzutrainieren. Tänzerisch einwandfrei mit leichten gesanglichen Schwächen ließ er die Wiedergeburt des vielleicht größten Entertainers aller Zeiten in den Köpfen von 800 Zuschauern entstehen.

Tanzstil nahezu ganz übernommen

Und es sind die Details, die dazu führen, dass dieser Eindruck wahrgenommen wird: Griff mit der Hand in den Schritt, verschüchterter Blick auf den Boden während des Tanzes, ausladende Hüftbewegung, Griff mit der Hand an die Hutkrempe – der Hut sitzt. Sascha Pazdera vollführte tänzerisch Pirouetten, wie sie der Eiskunstläufer Norbert Schramm zu seiner besten Zeit auf dem Eis vollzog – und die doch sehr an den „King of Pop“ erinnerten – vor allen Dingen schaffte er es, dessen perkussiven, alle Muskeln beanspruchenden Tanzstil nahezu ganz zu übernehmen. Die Songs angefangen vom treibenden Opener „Wanna be starting something“ live eingespielt von einer guten Band, gingen über die geniale Uptempo-Nummer „Smooth Criminal“ und brachten die begeisterten Zuschauer dazu aufzustehen und mitzuklatschen. Schließlich reichten sie bis zu der unvergessenen Ballade „I can’t stop loving you“, die Jackson ursprünglich mit Sideah Garrett für das „Bad“-Album eingesungen hatte – Pazdera aber mit seiner Background-Sängerin als Duettpartnerin vorlieb nehmen musste.

Und es sind diese Kickser, die Jackson am Ende vieler Textzeilen ausstieß, diese sexy gutturalen Laute, die seinen Wiedererkennungswert erhöhten – die aber auch der Imitator perfekt beherrschte. Bei „Thriller“ stimmt die Pose, eingetaucht im weißen und blauen Laserlicht steht das Jackson-Double gekleidet in der roten Lederjacke mit den schwarzen Streifen vor einem Meer von in Nebel gehüllten Gräbern, die mit einem Videobeamer projiziert werden. Am Ende wird er von seinen Tänzern, als lebende Leichen maskiert, umringt. „Dirty Diana“ lebt noch kurz in Form einer leicht bekleideten Tänzerin an der Stange auf, und da war ja noch die Sache mit dem „Moon Walk“: Den gibt es schließlich beim Stück „Billy Jean“, direkt zweimal, weil man so gut über das Rheinhauser Parkett gleitet, schwebt Imitator Pazdera traumwandlerisch schlurfend, die Beine in einen Quantensprung versetzend, durch den Raum.

Jugendlich hohe Stimme

Da ist es auch nicht so wichtig, dass er kein einziges Mal: „I love you!“ ins Publikum juchzt, so wie es Jackson-„Expertin“ Gabi Vels-Schitter 1988 bei einem Open-Air-Konzert mit dem Original im Müngersdorfer Stadion wahrgenommen hat: „Fast 50 Mal hat er es in die Menge geschrien!“ Stattdessen konditioniert er sein Publikum auf den Satz: „Who is bad?“ und lässt diese Sequenz in den Song, natürlich, „Bad“ einfließen, akzentuiert gesprochen von mehr als 800 Mündern. Bei der Zugabe „Heal the World“ sang Pazdera, jetzt natürlich im weißen Hemd, noch mal mit jugendlicher hoher Stimme, und versuchte auch fünf Jahre nach Jacksons ominösen Tod den Zuschauern die Herzensangelegenheit seines Idols zu erhalten: nämlich das Kind in einem selbst – und es gab stehende Ovationen für diese Idee.