Duisburg-Homberg. . Die Baerler Traditionsgaststätte „Haus Gerdt“ schließt seine Pforten. Die Familie Ziemek hat den Betrieb über viele Jahre geprägt, Enkel Klaus hat Haus und Hof verkauft, der neuer Besitzer will Gewerbe ansiedeln
Es ist ein Mahnmal einer besseren Zeit. Besseren Zeit, die es für alle Kneipen und Restaurants wohl einmal gab. In den 1960er-Jahren war es ein beliebtes Ausflugsziel an der Rheinuferpromenade zwischen Homberg und Baerl: „Haus Gerdt“, Rheindeichstraße 179-181. Doch heute sind die Fenster verschlossen. Am Eingang hängt vergessen ein amerikanisches Leuchtreklameschild mit der Aufschrift „Fischrestaurant“ – was noch an den letzten Pächter, einen Baerler Fischhändler, erinnert.
Von seinem lindgrünen Außenanstrich bröckelt inzwischen der Putz - irgendwann im kommenden Jahr wird das traditionsträchtige Restaurant der Abrissbirne zum Opfer fallen. Das 3700 Quadratmeter große Grundstück vor dem ehemaligen Hornitex-Gebiet geht in den kommenden Tagen in den Besitz der Firma SGE Stüdemann Grundbesitz-Entwicklung GmbH mit Sitz in Duisburg über. Inhaber Manfred Stüdemann will das Gelände gewerblich nutzen, genaueres aber erst im neuen Jahr verkünden.
Lange Familientradition
Noch-Inhaber Klaus Ziemek blickt ein bisschen traurig drein, irgendwie zu geschichtsträchtig ist das Anwesen für ihn – hat er doch große Teile seiner Kindheit dort verlebt. 1942 kauften seine Großeltern Karl und Helene Ziemek das Haus, welches um das Jahr 1904 gebaut wurde. Im Jahr 1966 übernahmen seine Eltern Käte, geborene Baumeister, und Werner Ziemek den Betrieb. „Meine Mutter war die Seele des Hauses, sie hat den Laden geschmissen“, erinnert sich Klaus Ziemek. „Sie hat gekocht und den Mittagstisch organisiert, mein Vater war Bundesbahnbeamter und hat nach der Arbeit dann gezapft.“ So waren die Rollen im Haus Gerdt an der urigen Theke klar verteilt.
1970 erfolgten größere Umbauten, das Haus Gerdt bekam Zentralheizung, statt der noch vorhandenen Ölöfen - und zwei Kegelbahnen und einen Schießstand im Anbau. „Das war für uns bahnbrechend“, so Ziemek, „denn zahlreiche Kegelclubs wollten bei uns ihren Sport ausführen.“ Noch mal zwei weitere Kegelbahnen wurden 1984 dazu gebaut, die heute noch alle funktionstüchtig sind. „Das war ja auch die Hochzeit des Kegelns, am Ende hatten wir 140 Kegelclubs, die in regelmäßigen Abständen kamen“, erinnert sich der Alleinerbe. Der Betrieb der Bahnen lief dann ab 16 Uhr unter der Woche – und sonntags bereits ab 10 Uhr, heute irgendwie undenkbar, aber Kegeln war Volkssport. Dienstags war Ruhetag. Der Betrieb des Schießstandes wurde allerdings Mitte der 80er-Jahre eingestellt. „Bis 1973 habe ich auch regelmäßig Luftgewehr und -Pistole dort geschossen“, erinnert sich Klaus Ziemek. Dann zog es ihn allerdings nach Münster, zum Studium der Philosophie und Germanistik.
Anlaufpunkt für Vereine
In all der Zeit war das Haus Gerdt ein beliebter Anlaufpunkt für Vereine aus der Umgebung: Angel- und Schützenvereine, Modellflieger- und Kanu-Clubs, ja sogar ein Käfer-Verein und natürlich die Kegler trafen sich regelmäßig. Leute aus Baerl, Homberg und Hochheide richteten ihre Familienfeiern aus. „Es gab eigentlich kein Wochenende, an dem nicht eine Hochzeit, Konfirmation oder Kommunion bei uns stattfand“, sagt der 59-Jährige. Bis 1991 betrieben seine Eltern das Restaurant. Danach wurde es an verschiedene Pächter vermietet. Der letzte Mieter war Jörg Stövhase, ein renommierter Baerler Fischhändler, der es von 2011 bis 2012 innehatte. „Leider waren alle Betreiber nicht wirklich mit Herzblut dabei, so musste deren Gastronomiekonzept scheitern“, so Ziemek.
Das Haus Gerdt hat auch heute noch eine nach ihm benannte Bushaltestelle, und ist für die Rheinschifffahrt eine eigene Landmarke und es verfügt über einen Postbriefkasten mit täglicher Leerung. Bis zum Jahre 2012 war es sogar Wahllokal, jedoch: „Wir haben lange überlegt, was wir damit machen sollen, aber die Sanierung wäre einfach zu aufwändig. Allein die fast vier Meter hohen Decken schlucken so viel Wärme und die Wände sind brüchig“, sagt Klaus Ziemek. So bleibt ihm nun nur der Verkauf des Hauses inklusive Grundstück – danach kommt die die Abrissbirne...