Zwei Künstler aus der zweiten Reihe auf einer Bühne – und das soll gut gehen? Zumindest wird es schwierig, wenn man es mit zwei höchst narzisstischen Charakteren zu tun hat, wie Ilja Richter und Irmgard Knef. Die fiktive vernachlässigte Zwillingsschwester Irmgard nimmt so ziemlich die gleichen Züge wie ihre divenhafte große Schwester Hildegard an – dass nämlich der Hochmut vor dem Stolz kommt.

Irgendwie hat die Produktionsassistentin da etwas durcheinandergewürfelt, denn beide sind mit ihrem Programm „Du kannst nicht immer 60 sein“ zeitgleich in der Rheinhausen-Halle gebucht: Ilja Richter mit einer Lesung zum neusten Buch mit Musik vom ‚Band’ und die Knef mit richtig guter Live-‚Band’ ‚Die Toten Rosen’ – und geraten fortan in Streit über ihre Bühnenspielzeit.

Doch zuerst sagte Ilja Richter aus aktuellem Anlass noch einen letzten „Spot“ für den verstorbenen Chris Howland „an“ und rezitierte aus seinem Buch diesem zugeeignet: „Was ist ein Gentleman? Ein Gentleman ist jemand, der, wenn er sieht, dass eine Frau den Rock verliert, sich mit aufgeschlagener Zeitung davor stellt – und liest.“ In diesem Moment waren 650 Zuschauer mit ihren Gedanken beim charmanten „Mr. Pumpernickel“.

So harmlos blieb der ehemalige Moderator der unvergessenen 70er-Jahre-Sendung „Disco“ beileibe nicht: Abgerechnet wurde mit der wilden Zeit und es traf besonders die Schlagersänger Bata Ilic und Chris Roberts, die Dauergäste bei Ilja Richter waren. „Der Ilic war ja schon bei mir nicht schön, aber nach seinem Gastspiel im Dschungelcamp, sah er aus wie nach dem Kosovo-Krieg“, so Richter. „Der Roberts hat bei seinen Auftritten immer so brav mit einer Hand auf die Hüfte geklopft, einmal rechts – einmal links“. Mit beiden Händen wäre es wohl schief gegangen und das Publikum lachte beherzt auf, auch als er seinen Lieblingssänger Vico Toriani nachahmte.

Die Knef genial parodiert

In diesem Moment aber rückte die Knef, einfach genial parodiert von Ulrich Michael Heissig, auf die Bühne: „Jungchen, geh’ mal nach hinten!“ Wundervoll wie Heissig die Mundwinkel beim Sprechen oben hält und diesen fast nasalen Sprechton der Knef erzeugt – auch sein Outfit in glitzernden Hosenanzügen mit Mütze und dunkler Brille spiegeln die letzten Jahre der Diva wieder, die im Jahr 2002 starb. „Während meine große Schwester in Hollywood war, saß ich in Berlin-Kreuzberg fest“, so Irmgard Knef missmutig. Trotzdem gibt es zwei Cole-Porter-Songs von ihr, die sie wie die Hildegard zum Film „Schnee am Kilimandscharo“ gerne eingesungen hätte.

Nach der Pause jedenfalls arrangieren sich die beiden Künstler und gestalten gemeinsam das Programm, in dem ein Kalauer den anderen jagt und das eine etwas andere Sichtweise auf wirkliche Begebenheiten des Showbusiness aufzeigt – verbünden sich über das Alter und singen nach Marushas Techno-Beats den Altenheim-Rap. Und gemeinsam schaffen sie aus der zweiten Reihe mit diesem Spätwerk noch einmal den Sprung ins Rampenlicht - trotz Granufink-Exzessen vorm Zubettgehen.

Und es war so, als ob die Knef gesungen hätte: „Eins und eins, das macht zwei!“ Und der Richter gesagt: „Spot an!“ – für ein gelungenes Spätwerk, bei dem die Zuschauer begeistert applaudierten.