Duisburg-Rheinhausen. . Die Abwicklung des insolventen Rheinhauser Polstermöbelherstellers Elastoform schreitet rasant voran. Fragen und Antworten zum Aus eines Traditionsunternehmens
Jürgen Korte ist einer der letzten Mitarbeiter, der noch täglich auf das Betriebsgelände des insolventen Polsterherstellers Elastoform in Bergheim kommt. Der Betriebsrats-Vorsitzende vernichtet unter anderem Akten. „Alles, was nicht mit der Insolvenz zu tun hat, wird geschreddert“, sagt der 62-Jährige. Er schreddert damit quasi die 94-jährige Geschichte des Familienunternehmens. In einer Halle verramschen Mitarbeiter und solche eines beauftragten Verwertungsunternehmens den Rest der Produktion, Relaxsessel: 1000 statt 2000 Euro. „Es so traurig, das alles mitansehen zu müssen“, sagt Korte. Wie geht es rund um das Traditionsunternehmen weiter? Zudem gibt es allerhand weitere Fragen?
1. Die rund 200 Mitarbeiter sind gekündigt, wie ist der aktuelle Stand des Insolvenzverfahrens?
„Produziert wird nicht mehr, der Abverkauf der Ware läuft“, sagt Jörg Nolte, Sprecher des Insolvenzverwalters. Der Abverkauf könnte etwa bis Ende des Jahres laufen, dann sei von den aktuell noch rund 20 Mitarbeitern rund die Hälfte weg, sagt Jürgen Korte. Im Januar würden dann wohl auch die allerletzten Angestellten das Firmengelände für immer verlassen. Der Erlös des Polstermöbel-Verkaufs fließt in die Insolvenzmasse, noch seien die Lager trotz guter Resonanz gut gefüllt. Der Verkauf an der Hochstraße ist wochentags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, für Schnäppchenjäger sind hohe Rabatte drin.
2. Was tun Insolvenzverwalter und Unternehmen, um Gelder zu generieren? Der komplette Produktionsstandort mit 41 000 Quadratmetern Außen- und 33 000 Quadratmetern Innenfläche wird über die Firma Aryus aus Rees zum Kauf angeboten. Der Preis für Büros, Lager, Parkplätze und Co. liegt bei 4,9 Millionen Euro. „Interessenten gibt es, Konkretes können wir aber noch nicht vermelden“, heißt es dazu aus Rees. Mit dem Erlös können laut Informationen der Redaktion wohl kaum alle Gläubiger bedient werden. Dazu zählen übrigens auch die Mitarbeiter, die über Monate Gelder, etwa für Überstunden und auch das Weihnachtgeld gestundet hatten. „Über die Quote rechne ich mir nichts aus, vor 2016 fließt außerdem ohnehin kein Geld“, sagt Korte. „Sämtliche Hallen waren Eigentum, ich kann mir nicht erklären, wo das ganze Geld geblieben ist. Wenigstens unsere ausstehenden Gehälter haben wir von Geschäftsführer Gerd-Axel Brinkel haben wollen. Er war aber nicht bereit, aus seinem Privatvermögen etwas zu geben.“
3. Apropos Geschäftsführer, wie geht es eigentlich mit ihm weiter? Die Antwort könnte zynischer kaum sein, Jürgen Korte: Er hat einen Beratervertrag bei einer Polsterfirma in Coburg unterschrieben.“ In der von seinem Großvater gegründeten und jetzt abgewickelten Firma in Rheinhausen war er schon länger nicht mehr, bei einem seiner letzten Besuche kam er laut Aussagen der Rest-Belegschaft mit einem 85 000 Euro teuren neuen Jeep vorgefahren.
4. Dem Chef geht es dem Vernehmen nach gut. Wie sieht es mit der beruflichen Zukunft der Belegschaft aus? „Schwierig“, sagt Jürgen Korte. „Um die zehn Prozent haben etwas Neues gefunden, junge EDV-Spezialisten oder Bürokaufleute waren gefragt, ältere Semester aus der Produktion, etwa Polsterer, waren und sind es nicht.“ Ein Großteil der Mitarbeiter sei zwischen Mitte 40 und Mitte 50, die Vermittlungschancen seien gering, vielen drohe Hartz IV.
5. Gibt es externe Hilfen für die Mitarbeiter? Aktuell ist in den Elastoform-Gebäuden die IG-Metall-Transfergesellschaft „Mypegasus“ aktiv. Sie schult gekündigte Mitarbeiter für die Zukunft, gibt etwa Tipps für die Bewerbungsmappe oder das Verhalten bei Vorstellungsgesprächen. Das Angebot gelte aber nur für Gewerkschaftsmitglieder.
6. Wenige Wochen vor der Pleite hatte sich Elastoform-Chef Brinkel für eine riesige Solaranlage auf dem Dach feiern lassen. Wie geht es damit weiter? „Für uns ändert sich nichts“, sagt Katja Nießen, Sprecherin des Betreibers Enni aus Moers. Es gebe keinen Vertrag mit Elastoform, sondern mit der Brinkel Grundstücksgemeinschaft Bergheimer Straße. Das ehemalige Zentrallager ist laut Enni-Informationen vermietet. „Die Anlage produziert Strom, der komplett ins Netz eingespeist wird, insgesamt pro Jahr soviel, wie 275 Musterhaushalte benötigen würden.“