Türkischstämmige Rheinhauser äußern sich zu den Konflikten in Istanbul eher neutral bis regierungsfreundlich als kritisch.

Die Auseinandersetzungen in der Türkei, die sich aus Protesten gegen die Bebauung eines Parks im Zentrum von Istanbul und der gewalttätigen Gegenreaktion der Polizei entwickelt haben, beschäftigt auch türkischstämmige Menschen im Duisburger Westen. Die Redaktion hat sich umgehört.

„Vollstes Verständnis für die Umweltschützer“ äußert etwa der Rheinhauser SPD-Politiker Ersin Erdal. „Die Polizei hätte mehr Fingerspitzengefühl zeigen und die Proteste hinnehmen sollen.“ Er kritisiert aber auch die Demonstranten, die „Barrikaden gebaut und Molotow-Cocktails geworfen“ hätten. Friedliche Proteste, glaubt er, „hätte die Polizei hingenommen, und hinterher hätte man sich dann an einen Tisch gesetzt.“ Mit Spannung blickt er auf die Kommunalwahlen in der Türkei Anfang 2014: „Dann werden wir sehen, wie die Mehrheit wirklich denkt.“

Kritik an der Regierung Erdoğan kommt von Ratsherr Rainer Grün (DAL), Deutscher mit türkischen Wurzeln. Auf seiner Internet-Seite kritisiert er das Vorgehen der Polizei sowie die Zensur der Medien und spricht auch die über die Bebauung eines Parks hinaus gehenden Wurzeln des Konfliktes an: „Tatsache ist, dass der türkische Ministerpräsident bei allen Wahlen der letzten Jahre die Mehrheit der Wähler hinter sich hatte. Allerdings hat er dadurch keinen Freibrief für eine Politik der Islamisierung bekommen. Die Mehrheit der türkischen Bevölkerung möchte auch weiterhin ein liberales gesellschaftliches Klima.“

Kritik am Vorgehen der türkischen Behörden kommt auch vom Homberger Bundestags-Kandidat Mahmut Özdemir: „Ich sehe bei Erdoğan schon ein sehr rudimentäres Demokratieverständnis.“ Damit tue man sich auch in puncto EU-Beitritt keinen Gefallen. Intensiv habe er sich aber nicht mit den Konflikten befasst: „Ich bin eher Innenpolitiker, und für mich, der ich hier geboren und aufgewachsen bin, ist das, was in der Türkei passiert, Außenpolitik.“

„Für sowas haben wir keine Zeit - das ist Politik, türkische Politik, und wir leben in Deutschland“, meint auch ein türkischstämmiges Händlerpaar auf dem Rheinhauser Markt. Eher auf der Seite der konservativen Regierung äußern sich viele andere auf dem Markt. Die ganze Geschichte sei ohnehin nur „von den Medien aufgebauscht“, meint ein Mitarbeiter an einem anderen Stand. „Erdoğan hat Recht“, findet ein Imbiss-Betreiber. Es sei Zeit, dass wieder Ruhe einkehrt. Ein Kunde meint: „Man kann ja friedlich demonstrieren, aber mir gefällt nicht, dass es anarchistische Züge annimmt und dass in westlichen Medien immer die Regierung kritisiert wird.“ Ein anderer pflichtet ihm bei: Zwar sei das Vorgehen der Polizei nicht frei von Fehlern, aber die Massendemonstrationen seien der falsche Weg: „Erdoğan ist demokratisch gewählt. Wenn die Leute mit seiner Politik nicht einverstanden sind, sollen sie ihn halt wieder abwählen.“ Er bezweifele aber, dass das passiert.