Hilmi Sözer reißt die Augen auf, macht einen Buckel, mimt den fiesen Franz Mohr aus „Die Räuber“ als Quasimodo, als Glöckner von Notre-Dame, ein Ausbund von Hässlichkeit. Und was wird aus „Kabale und Liebe“? Nils Beckmann gibt den mafiösen Herzog von Württemberg als „Der Pate“, wie einst der leibhaftige Marlon Brando. Und Hilmi Sözer als Bürgertochter Luise Millerin protestiert, hat „keinen Bock auf die ewigen Frauenrollen“. Rasch entwickelt sich auch der bierernste „Don Fiesco“ zum fröhlich-chaotischen Fiasko. Vier Freunde feiern den 254. Geburtstag von Friedrich Schiller, des „größten deutschen Dramatikers aller Zeiten“, führen „Schiller – sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ auf. Und rund 300 Zuschauer lachen im Rheinhauser Kom´ma-Theater herzhaft mit.
Denn bei den beiden Aufführungen am Wochenende geht es alles andere als dramatisch zu. Scherz, Satire und Ironie, Klamauk, Kalauer und Parodien im Sekundentakt füllen zwei kurzweilige Stunden…
Die vier Darsteller – Hilmi Sözer, Uwe Frisch-Niewöhner, die Brüder Nils und Till Beckmann - spielen erst gar nicht ganze Szenen durch, sie begnügen sich lieber mit einer Handvoll Zitate, deklamieren sie durchaus werkgetreu. Dafür betten sie die paar Originalsätze aus Schillers Werken in ein Meer von hinreißendem Nonsense. So schafft es das quirlige Quartett mühelos, die elf Dramen des früh verblichenen Weimarer Klassikers in 180 Minuten herunter zu spulen, mit hohem Spieltempo. Ja, es ist (noch) Schiller, aber eben „leicht“ gekürzt…
Absurdes Theater: Da wird Schiller erstmal durch eine Adrenalin-Spritze mitten ins Herz gerettet, so wie Schauspielerin Uma Thurman von John Travolta in Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“. Überhaupt: die Comedy-Truppe auf der Bühne geizt nicht mit Zitaten, die weniger logisch als assoziativ sind. Was gedacht wird, muss auch ausgesprochen werden. Was einem so alles zu Schiller einfällt, muss auch raus. Respekt und Werktreue? Nein, danke! Stirbt Schiller? - Nein „Schiller chillt!“ Kabale und Liebe? – „Dick und Doof, Coppenrath und Wiese.“
Es geht munter drunter und drüber. Bei „Wilhelm Tell“ über Tische und Bänke wie bei „Maria Stuart“. Wenn die vier Komiker respektlos hohles nationales Pathos entlarven, wie beim Schwur der Schweizer Eidgenossen auf der Rüttli-Wiese, öliges Schmierentheater vom Feinsten bieten, wie beim tödlichen Duell zwischen der englischen Königin Elisabeth I. und ihrer schottischen Rivalin Maria Stuart. Da wird auch freigiebig Theaterblut aus rotem Glitzerkonfetti vergossen, wie bei der „Jungfrau von Orleans“.
Die gerappte Braut von Messina
Schließlich versucht sich das Quartett an Schillers „Die Braut von Messina“. Aber dann lassen die „Fantastischen Vier“ das schwer spielbare Drama doch lieber in einer gelungenen Rap-Battle, einem rhythmischen Sprechgesang, enden. Das Finale ist so grandios wie das ganze Stück und sein Ensemble...