Da standen sie im Scheinwerferlicht, umjubelt, gefeiert, begeistert beklatscht: Mary Roos, G.G. Anderson, Charly Brunner und die „Paldauer“. „Vier Große des deutschen Schlagers“ hieß der Abend vor über 600 entzückten, faszinierten Besuchern in der Rheinhausen-Halle. Der deutsche Schlager mit seinen Tiefen und Windungen, Widersprüchen und banalen Träumen, Sehnsüchten und Illusionen, hatte die Musikfreund erfasst, in Vollrausch versetzt - und sie glücklich gemacht, zumindest für diesen unvergesslichen Abend in der Rheinhausen-Halle.
Brüderliche Begrüßung
Der begann mit Moderator Franz Griesbacher, selbst Sänger und Chef des Sextetts „Die Paldauer“, die auch schon seit 30 Jahren auf deutschsprachigen Bühnen Schlagerfeste feiern. Griesbacher lockerte die Stimmung auf, indem er die Besucher bat, aufzustehen, sich zur Seite und nach hinten zu drehen um dort Nachbarn, Hintermann oder -frau zu begrüßen und die Hand zu schütteln, ähnlich wie in der katholischen Kirche nach dem Empfang der Heiligen Kommunion. Nach derlei sakralem Zeremoniell war die Atmosphäre direkt um drei Grad geadelt und die große Familie der Schlagerfreunde bestand, an diesem Abend zumindest, aus Gleichgesinnten ohne Standesunterschiede. Der Schlager macht die Menschen (beinahe) gleich, sie verstehen sich auf einer wenn auch oft sehr flachen Ebene.
Dann kam Mary Roos. Die fast 64-Jährige, seit fast 50 Jahren auf der Bühne, singt immer noch wirklich gut, wirkte burschikos und schwungvoll. Sie pickte sich aus dem Publikum den Moerser Familienvater Fritz als spontanen Bühnentanzpartner heraus und amüsierte damit ihre Fans. Sie sang „Keine Träne tut mir leid“, „Aufrecht gehn - durch die Nacht ins Licht“ und „Rücksicht - keiner hat das Wort gekannt.“ All diese ernsten Gedanken nimmt man der sensiblen Sängerin ab und dann natürlich den Song über ihren heute 26-jährigen Sohn Julian, in dem sie bekennt: „Lieben heißt auch loslassen - ich wünsche dir ein Leben voller Glück.“
Seichter wurde der Abend mit G.G. Anderson, der komponiert haben soll auch für Roland Kaiser und Dieter Bohlen. Anderson, ewiger Sonnyboy des deutschen Schlagers“, gab sich hemdsärmelig in Jeans und mit bester Laune. Er sang Schnulzen wie „Weiße Rosen schenk ich dir“ aber auch Titel von seiner neuen CD San Valentino. In vielen seiner Titel geht es um Sommer, Sonne, ewige Flirts und große Liebe - für einen Abend. Erzählt er von sich selbst, erfährt man auch jenseits der Klischees menschliches: „Ich habe einen behinderten Sohn und zur Verbesserung seiner Motorik ein Schwimmbecken gebaut, das ich jetzt auch selbst benutze.“
Dritter Star des Abends war Charly Brunner, dessen legendäres „Wir sind alle über 40“ auch an diesem Abend wie eine Hymne mitgesungen wurde. Das Alter ist oft der kleinste gemeinsame Nenner und schafft Verständnis füreinander. Auch die „Paldauer“, wie immer in bester musikalischer Verfassung, wurden gefeiert, passend zu den weißen Showanzügen, wie die Schneekönige. Ihr mehrstimmiger Gesang sucht seines Gleichen. Wenn die Synthesizer aufglühen, gerät der Klang der „Paldauer“ ins Rotieren. Das ist moderne Schlagermusik, wie elektronische Leuchtspuren, die ihre Bahnen im musikalischen Kosmos ziehen.