Im Homberger Ratssaal hängt auch Friedrich Johann Sonnen. Den linientreuen Moerser hatte das NS- Regime im Jahre 1933 installiert. Laut eines Antrags soll das Bild hängen bleiben, jedoch mit Hinweistafel
Duisburg-Homberg. Dietmar Beckmann sitzt seit mehr als zwei Jahren in der Bezirksvertretung Homberg/Ruhrort/Baerl, was deutlich länger ist als die Zeit, seit die Gemälde der ehemaligen Bürgermeister der Stadt Homberg dort aufgehängt sind. Die blicken dort nämlich erst seit ein paar Monaten in den Saal, seit der Besprechungsraum, den die Bilder vorher zierten, nicht mehr Besprechungsraum, sondern Teil des frisch eingezogenen Wahlamtes geworden ist. Der Grüne Bezirksvertreter Dietmar Beckmann wollte wissen, „wer der Mann ist, der mir da im Ratssaal über die Schulter schaut?“ Er forschte nach, Ergebnis: Ein Nazi schaut dem Ruhrorter Kommunalpolitiker über die Schulter.
Amtsenthebung durch die Alliierten
Friedrich Wilhelm Sonnen (1888 bis 1951) hatten die Nationalsozialisten auf den offiziell nicht mehr wiedergewählten Heinrich Wendel im Amt des Verwaltungschefs installiert. Am 22. April hatten die Alliierten den aus Moers stammenden Sonnen in den vorzeitigen Ruhestand geschickt.
Um mehr über den Ex-Bürgermeister zu erfahren, besuchte Beckmann das Kreisarchiv Wesel und das hiesige Stadtarchiv. Das Ergebnis: „Friedrich Johann Sonnen war überzeugter Nationalsozialist, als Antiparlamentarist und bedingungsloser Anhänger des Führerprinzips hat er Schuld in politischer und menschlicher Hinsicht auf sich geladen.“ Sonnen habe Parteibefehle ausgeführt, Deportationslisten unterschrieben und sei nach Kriegsende zu Recht amtsenthoben worden. „Die Geschichte seiner Entnazifizierung ist noch aufzuarbeiten.“
Ein Nazi im Ratssaal, wie geht man damit um? „Erst kam der Gedanke auf, das Bild zu entfernen. Walsum Hamborn und auch die Stadt Ratingen haben es etwa so gemacht“, sagt Beckmann. Wer lässt sich schon gerne von einem Kriegsverbrecher bei der politischen Diskussion zusehen?
Dann kamen die Grünen aber mit den Bezirksvertretern der SPD überein, Herrn Sonnens Bild hängen zu lassen. „Wir möchten diesen Teil der Geschichte nicht verschweigen, also haben wir uns für eine Erklärung entschieden, die am Bild angebracht werden soll.“ Der Text lautet: „Friedrich Sonnen, vom nationalsozialistischen Gauleiter als Bürgermeister der Stadt Homberg am 16.12.1933 eingesetzt, vertrat die nationalsozialistische Regierung und Partei, nicht die Bürgerschaft Hombergs. Er wurde von der Britischen Militärregierung am 24.04. 1945 amtsenthoben“. Ein entsprechender Antrag steht in der kommenden Sitzung der Bezirksvertretung zur Diskussion.
Hanns Dieter Hüsch war sein Neffe
Dietmar Beckmann hofft, dass sich demnächst Geschichtswissenschaftler mit der Vita des Nazi-Bürgermeisters befassen. Er mag es trotz aller Freude an der Recherche nicht mehr tun, „ich bin Architekt, kein Historiker.“ Wer in die 38 Seiten umfassende Arbeit von Dietmar Beckmann schaut, bemerkt, dass offenbar nur wenig Privates über Friedrich Johann Sonnen herauszubekommen war. Er war das achte von zwölf Kindern, sein Bruder Heinrich (1876 bis 1959, galt nicht als Nazi) hatte unter anderem die heute noch existente Gaststätte „Kleiner Reichstag“ in Moers geleitet. Überliefert ist auch der Bezug zur Kabarettisten-Legende Hanns Dieter Hüsch (1925 bis 2005): „Sonnen war Hüschs Onkel, Hüsch spricht sogar in einem seiner Werke von einem ,Onkel Fritz’“.