Anne Gesthuysen, Moderatorin des ARD-Morgenmagazins, hat ein Buch über ihre Familie vom Niederrhein geschrieben. 180 Gäste hörten zu.
Duisburg-Rheinhausen. Bei den Schwestern Gertrud, Paula und Katty überkommt den Leser unwillkürlich ein Déjà-Vu-Erlebnis: Irgendwie kommen ihm diese herzhaften Großtanten vom Niederrhein bekannt vor, irgendwie hat jeder solche alten Damen in der eigenen Familie – oder ist ihnen zumindest schon einmal begegnet. So ist wohl auch der riesige Erfolg des Romans „Wir sind doch Schwestern“ zu erklären, der es bis in die „Spiegel“-Bestenliste geschafft hat. Und wenn es sich um das Erstlingswerk der ARD-Moderatorin Anne Gesthuysen (43) handelt, ist der Weg zum Bestseller in den Bücher-Charts fast schon vorgezeichnet. Entsprechend rappelvoll war es in der Bezirksbibliothek Rheinhausen, als die Ehefrau von „Hart aber fair“-Moderator Frank Plasberg Passagen aus ihrer rheinischen Familiensaga vortrug. Linda Broszeit, Chefin der Buchhandlung „Bücherinsel“, die die Lesung organisierte, begrüßte rund 180 Gäste.
Das Trio gab es tatsächlich
Die fabelhafte Geschichte besticht durch ihre Authentizität. Denn Gertrud, Paula und Katty gab es tatsächlich. Die lange Lebensgeschichte ihrer Großtanten hat die Journalistin Anne Gesthuysen, geboren in Geldern, aufgewachsen im beschaulich-ländlichen Alpen-Veen, recherchiert. Sie hat die Erzählungen und Erinnerungen vor allem ihrer Mutter und ihrer Tante aufgezeichnet, auch Dokumente der eigenen Familiengeschichte zusammengetragen. „80 bis 90 Prozent des Romans sind Tatsachen“, versichert Anne Gesthuysen. Der Rest ihres gut lesbaren, flüssig geschriebenen Familienepos entspringt ihrer Fantasie, ihrer Fabulierkunst.
Das Geschwister-Trio Gertrud, Paula und Katty Franken wächst auf einem Bauernhof in Alpen auf und wird dort steinalt, zusammen fast 300 Jahre alt. Gertrud ist die Älteste. Mit dem Feier ihres 100. Geburtstages beginnt die Rahmenhandlung: An der schatzhaften Kaffeetafel beim Familienfest wird geratscht, getratscht und geklatscht – nach Art des Bilderbuch-Niederrheiners. Hanns Dieter Hüsch hätte seine helle Freude gehabt. Da kommen all die seltsamen, mitunter skurrilen Dönnekes, auch die traurigen, ja, tragischen Geschichten zum Vorschein, die das Leben schreibt. Dabei sorgen die gerade die unterschiedlichen Charaktere der Geschwister für den Esprit des Romans.
Nur eine heiratete
Beispielhaft für die immensen Höhen und Tiefen in den Leben der Schwestern steht Paula. Nur sie, die übrigens halb blind und zudem immer die Humorvollste des Trios ist, heiratet und bringt Kinder zur Welt. Doch Jahre später entpuppt sich ihr Ehemann Alfred als Homosexueller, wird in flagranti im Gewächshaus des elterlichen Hofs erwischt. Für die Zeitgenossen um 1950 war das ein Skandal, den das schwule Paar nicht erträgt. Paula verhindert knapp den Selbstmord ihres Gatten, der Liebhaber erschießt sich mit einem Revolver. Doch das Paar bleibt vorerst zusammen – bis zum nächsten Skandal...
Spannender Lesestoff also, nach wahren Begebenheiten. Der Applaus war Anne Gesthuysen sicher. Stets lächelnd signierte sie viele Exemplare ihres turbulenten Sittengemäldes.