Duisburg-Rheinhausen. . In den letzten fünf Jahren gab es rund 30 Geschäftsschließungen in Hochemmerich. Die Situation ist kein spezielles Rheinhauser Problem. Den Schwund des typischen Einzelhandels erleben bundesweit alle Städte
Der Weg ins Marktforum führt durch den hinteren Eingang in Höhe der Kreuzung Atroper-/Ecke Berthastraße. Karsten Vüllings, Vorsitzender des Rheinhauser Werberings, bleibt abrupt stehen: „Hier findet der Hochemmericher alles für seine Zieleinkäufe: eine Apotheke, ein Lebensmittelgeschäft, Tabakwaren, ein Schlüssel-/Schuhreparatur-Dienst, einen Bäcker. Geschäfte, die es einst allesamt auf der Krefelder Straße gab.“
Und schon geht er schnurstracks weiter, steuert den Ausgang zum Marktplatz an und bleibt wieder abrupt stehen, blickt über den Platz in Richtung Ecke Krefelder-/Ecke Atroper Straße: „Wenn jemand dieses Bild so sieht, was sollte ihn veranlassen weiterzugehen? Ich beobachte, dass sich viele umdrehen, ihren Parkschein bezahlen und wegfahren.“
Für Karsten Vüllings gibt es mehrere Gründe für diese Reaktion. Zum einen ist es der trist wirkende Marktplatz. Im Bereich der Pflasterung zur Atroper Straße wurden drei Bäume gefällt, was die Wirkung noch verstärkt. „Vom Forum hatte man sich seinerzeit einen regelmäßigen Kundenaustausch zur Krefelder Straße hin erhofft“, geht Vüllungs zurück in die Vergangenheit. Älter ist auch schon ein nie realisierter Vorschlag von ihm, dass auf dem kleinen gepflasterten Streifen zur Atroper Straße hin ein kleines Kinderkarussell, ein bis zwei Imbissstände sowie eine Außengastronomie der gegenüber liegenden Gaststätte „Kupferkanne“ belebend wirkten könnten. „Die Markthändler waren seinerzeit dagegen, weil sie einen Verlust von Standflächen befürchteten. Die gegenüberliegenden Imbissbetreiber waren begeistert und hätten mitgemacht“, begründet Karsten Vüllings, wieso diese Idee schon im Keim erstickt wurde und fügt hinzu: „Für mich hat das Forum in Hochemmerich die Lage wie ein Solitär.“
Drei K.O.-Gründe
Und schon spaziert er weiter zur Krefelder Straße, wo bereits an der Ecke zur Atroper Straße ein großes leeres Ladenlokal auffällt. Diese Situation wird noch verschärft auf dem Weg zur Fußgängerzone Friedrich-Alfred-Straße. Vüllings bleibt immer wieder stehen und erzählt, was in den Geschäften mal zu finden war: etwa das Gebäude mit ehedem „Ihr Platz“, einem Bäcker, der Caritas und oben die „Babyetage“. Allein in den letzten fünf Jahren, so der Werbering-Vorsitzende schlossen in Hochemmerich circa 30 Geschäfte und er nennt einige Beispiele: Herrenbekleidung Mackedanz, Haushaltswaren und Fahrräder Verrode, Parfümerie Pütz, Juweliere Erlinghagen, Glasartikel Leonardo, S & K Hausgeräte, Damenmoden Berghahn, Blumen Schäfer, Handarbeiten Neerfeld, Fernseh Scherwer. „Der frühere Duisburger Planungsdezernent Jürgen Dressler hat dieses Bild schon vor 15 Jahren prophezeit. Die Nebenzentren würden mittelfristig nur noch eine reine Nahversorgungsfunktion haben, waren seinerzeit seine Worte. Ich habe ihm geglaubt“, erinnert sich Vüllings. Für ihn gibt es drei K.O.-Gründe: das geänderte Kaufverhalten (vor Jahren hatte jede Familie ihren Herrenausstatter); das Einkaufserlebnis „grüne Wiese“ sowie das Internet. Und als Gründe, die Neuansiedlungen verhindern, zählt er auf: „Niemand will mehr Einzelhändler werden. Es fehlt der Nachwuchs. Filialisten machen eine Standortstrukturanalyse, deren Ergebnis lautet: geringe Kaufkraft, überalterter Standort, hoher Migrantenanteil. Außerdem sind Banken kaum willens, Risiken zu übernehmen. Dispo-Erhöhungen sind für den Einzelhändler heute kaum noch möglich, früher konnte er sich unproblematisch zusätzliche Liquidität verschaffen. Das lassen die Kontrollmechanismen der Banken heute kaum noch zu.“
„Soziale Schieflage“
Große Hoffnung setzt Vüllings in das vom Land aufgelegte Stadterneuerungsprogramm, für das Antragsteller die Entwicklungsgesellschaft Duisburg (EG DU) ist. Vor Wochen habe es bereits eine Begehung von Vertretern der Bezirksregierung Düsseldorf, des NRW-Minsteriums für Wohnen und Städtebau sowie der EG DU in Hochemmerich gegeben. „Dabei ist der Rückbau von überschüssigen Ladenflächen etwa auf der Friedrich-Alfred-Straße, im Bereich der Günter- und Rheinstraße zur Sprache gekommen“, weiß Karsten Vüllings und ergänzt: „Das Antragsverfahren läuft. Vor sechs bis acht Wochen kam offenbar die Nachricht, dass der Antrag schlüssig sei und Hochemmerich gute Chancen habe, in das Stadterneuerungsprogramm reinzurutschen.“
Bezirksamtsleiter Reiner Sanner steuert möglichen Missverständnissen entgegen: „Die Leerstände sind kein spezifisches Rheinhauser Problem. Das gibt es bundesweit, in großen wie in mittleren Städten.“ Zudem gibt Sanner zu bedenken, dass das Programm des Landes „Soziale Stadt“ heißt. Speziell Hochemmerich habe eine soziale Schieflage mit verschiedenen Problempunkten. Dem müsse entgegen gesteuert werden, was auch dieses Landesprogramm mache. Gleichwohl gebe es viele Städte in der gleichen Situation. Wann und wie Gelder fließen, sieht der Bezirksamtsleiter noch nicht. Seine Einschätzung: „Nicht in 2013 nicht.“