Besuch im Friemersheimer Brau- und Backhaus. Was fehlt ist der Ofen. Noch.
Man könnte es sich nicht viel anders vorstellen, das Hexenhäuschen aus „Hänsel und Gretel“, dem Märchen der Gebrüder Grimm, so verwunschen ist es gelegen in der Friemersheimer Rheinaue.. Nur im Gegensatz dazu fehlt das Wichtigste: der funktionierende Ofen. Dabei handelt es sich eigentlich um ein klassisches Backhaus aus dem Mittelalter. „Hier wurde viel Brot hergestellt“, erklärt Arno Gollner, freier Architekt aus Friemersheim. Doch beim Öffnen der Kaminklappe , die aus den windschiefen Ziegeln und den unregelmäßigen Eichenfachwerkträgern hervorlugt, schaut die erwartungsvolle Gruppe der Interessierten verdutzt ins Leere. Ein Teil eines verwilderten Gartens mit Disteln und Gestrüpp wird dabei sichtbar – die dazu gehörige Remise, die den Räucherkamin enthielt, fehlt bis heute.
Adresse: Am Damm 6
Beim Tag des Offenen Denkmals haben sich über den Tag einige Dutzend Besucher in Arno Gollners Backhaus „Am Damm 6“ zusammengefunden und befinden sich auf einer Zeitreise in die vergangenen Epochen. Der grauhaarige Architekt selbst wirkt wie ein Handwerker aus dem Mittelalter mit seiner Lederweste und seinem blau-weißen Leinenhemd. „Die Ursprünge des Brau- und Backhauses gehen wohl tatsächlich bis ins Mittelalter“, erklärt der 58-Jährige, „hier wurde auch gedörrt, geräuchert und gekrautet.“ Allerdings befand sich das Häuschen wohl zuvor an einer anderen Stelle auf dem Hofgelände – 1829 ist es von den Franzosen auf dem Hof in einem Kataster, das zur Ermittlung der Grundsteuer diente, erfasst worden. In einem späteren preußischen Katasterplan, der von 1869 bis 1909 reichte, befindet sich das Backhaus an der heutigen Stelle unweit des Haupthauses – heißt also dazwischen ist es schon einmal neu gebaut worden.
Im Zweiten Weltkrieg wurden Scheune und Remise zerbombt, das Backhaus selbst wurde durch Witterung und Stürme baufällig. In den 1980er-Jahren nach dem Tod seiner Tante ging der Hof auf Gollner über. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Jakob Simons, einem ausgebildeten Zimmermann, nahm er die Reste des Backhauses auseinander und baute es komplett neu auf in den Jahren 1983 bis 84. „Man kann sagen, dass so ein Haus wie ein Puzzle ist“, sagt Gollner, „und für mich war es natürlich eine Herausforderung als Architekt, das Häuschen komplett zu restaurieren.“
So wie ein Baum nie gleiche Blätter trägt, gleicht auch hier kein Ziegel dem anderen – und schafft vielleicht deswegen die heimelige Atmosphäre, wenn man sich darin befindet. Auffällig ist der grobkörnige Betonboden, der architektonisch aus der neueren Zeit stammt. „Ursprünglich war auch hier ein Ziegelboden“, weiß Gollner, „mal sehen vielleicht gestalte ich das Fundament noch mit Kieselsteinen.“
Die dahinter liegende Gartenanlage ist weitläufig und erinnert an eine Klassische aus der Römerzeit. „Man muss sich vorstellen, so könnte der Garten einer Villa Rustica ausgesehen haben“, erklärt der Architekt, der in Aachen studiert hat und natürlich auch in modernen Projekten involviert ist.. „So haben die Römer auch in Friemersheim Dorf ihre Spuren hinterlassen.“ Buchsbaumhecken entlang des kreuzförmig angelegten Weges geben dem Garten die Struktur, die von scheinbar wild wachsenden Lilien oder Disteln angezweifelt wird - charmant, aber gerade deswegen lädt diese grüne Oase zum Lustwandeln ein, was die Besucher bei dem schönen Sonntagswetter auch machen.
Denkmal erst seit 1996
Erst 1996 wurde das Backhaus unter Denkmalschutz gestellt, eben weil man aus Sicht der Stadt Duisburg diesen alten Kern von Friemersheim erhalten wollte, zumal es in den 80er Jahren noch Bestrebungen der Firma Krupp gab, viele Höfe entlang der Rheinaue aufzukaufen, um neues Gelände zu erlangen.
Und so kann Architekt Gollner stolz auf sein von ihm selbst geschaffenes, verwunschenes und mit vielen Pflanzen verwachsenes Kleinod kurz hinter dem Rheindamm sein. Was aber ist mit dem Ofen? „Mal sehen vielleicht passiert da auch noch was...“