Rheinhausen. . Die Geschichte von Romeo Saviane, der einst das weltbeste Zitronen-Eis machte. Auch heute noch sind die Eissorten des „Romeo“ weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und werden geschätzt.

6.30 Uhr, Kaiserstraße 32, im Nebenraum des Eis-Café Romeo. Der Mann, nachdem das Café benannt ist, Romeo Saviane, schöpft mit einer kleinen Kelle Joghurts-Eis-Reste aus einer Maschine, die sich Minuten zuvor noch so heftig gedreht hatte wie eine Waschmaschine im Schleudergang. Der Eisbehälter ist voll und kann in die Kühltheke. Als nächstes produziert Saviane Nuss-Eis, dann Schokolade, dann Vanille... Seit 53 Jahren macht Romeo Saviane Eis, Zeit die Geschichte des Mannes aus der italienischen Provinz Belluno zu erzählen.

Die Geschichte des jungen Romeo beginnt nicht sonderlich, sagen wir, erfreulich. Die Mutter stirbt früh, dem Vater fehlt Geld für die Schule für den Jungen, als dieser 16 Jahre alt ist, geht er nach Deutschland. „Ein Bekannter hatte ein Eis-Café in Essen, bei ihm habe ich gelernt“, erzählt er. Aus dem schönen Altago-Tal ins vom Krieg zerstörte Essen, ein Schock? „Klar hatte ich Heimweh. Trotzdem ist Essen ist damals zu meiner zweiten Heimat geworden.“ Essen-Belluno, ein Kulturschock war das für den jungen Romeo nicht.

Als in Friemersheim alles schwarz war

Den bekam er erst, als er 1969 in Friemersheim, unweit der Krupp-Hüttenwerke, die Möglichkeit hatte, sich selbstständig zu machen und ein Eis-Café an der Kaiserstraße zu übernehmen. „Friemersheim? Hier war ja alles schwarz.“ Romeo und seine Frau Letizia, heute ist sie 63, bleiben trotzdem, er macht Eis, sie wischt den Ruß des Wirtschaftswunders von den Stühlen und Tischen.

Die Leute hier sind sehr konservativ“, sagt Saviane. Ein Ausländer, der in Friemersheim ein Geschäft aufmacht, das war ihnen zunächst suspekt. Jahre habe es gedauert, bis er die Interessengemeinschaft der Kaufleute aufgenommen wurde. So ändern sich die Zeiten: Mittlerweile hätten ihn die IG-Mitglieder bereits mehrfach in Italien besucht.

Zurück zu den geliebten Bergen

Im Dezember und Januar kehrt Romeo Saviane zurück zur Familie nach Belluno, zurück zu den geliebten Bergen. „Ich kann gut Skifahren, wären wir dort geblieben, wäre mein Sohn heute sicher ein Snowboard-Lehrer“, sagt er und lächelt dabei.Nicht nur Saviane verbringt den Winter in der Heimat, viele Kollegen erholen sich ebenfalls vom zehnmonatigen Stress in Deutschland. Und da sie alle so schön zu Hause versammelt sind, gibt es eine Eis-Messe. Hier küren sie das beste Eis der Welt. Und wer machte 1975 das beste Zitronen-Eis der Welt? Romeo Saviane. Der Preis: Eine Gedenk-Tafel mit einem Eisbecher in 750er Gold. Die hängt seit Jahren im Eis-Café, direkt neben der Theke.

In solchen Maschinen entsteht die kühle Leckerei.
In solchen Maschinen entsteht die kühle Leckerei. © WAZ FotoPool

Sein Eis ist weltberühmt, was ist das Geheimnis, außer, dass er ausschließlich frische Produkte und nichts aus der Dose verwendet? „Sie brauchen Zucker, Mehl, Sahne und Eigelb. Das Geheimnis ist das Mischverhältnis. Vanille-Eis produziert er - wie alle anderen Sorten auch – übrigens jeden Tag neu im größten seiner Kessel, der Apparat fasst 110 Liter. „Vanille ist die beliebteste Sorte“. Noch vor Zitrone, Malaga, Nuss und Schokolade. Stark im Kommen sind Natur-Joghurt-Eis und auch die Geschmacksrichtung Saure Sahne.

„Die haben wir bereits früher in Essen im Sortiment gehabt.“ „Blauer Engel“ und Waldmeister hat er auch im 26 Sorten umfassenden Sortiment. „Mein Geschmack ist das nicht, es ist ja für die Kinder.“ Romeo Saviane wird im September 71, seine Frau Letizia hat krankheitsbedingt aufgehört im Geschäft. Wie lange möchte er noch jeden Tag Eis machen? „So ein, zwei Jahre“, sagt er, wieder mit einem Lächeln. Er hätte auch nix dagegen, wenn es noch länger ginge, „ich habe noch viel Kraft.“

Irgendwann wird dann sein Sohn Gianantonio (41) das Geschäft komplett übernehmen. Romeo hätte auch nichts gegen ein Enkelkind, damit die Eismacher-Tradition weitergeht.

Doch bis der Junior vom Junior einmal übernimmt, ist Romeo längst zurück in seinen Dolomiten in Belluno. Bald möchte er hier wieder leben. Und begraben sollen sie ihn hier irgendwann einmal auch...

Geschichte(n) mit kleinen Fehlern

Die Geschichte der Familie Saviane ist, unter anderem in der WDR-Reportage „Wie das Eis ins Ruhrgebiet kam“, mit dem ein oder anderen kleinen Fehler erzählt worden.

Nein, der erste Eismacher des Ruhrgebiets war der 70-jährige Romeo Saviane nicht. Er hatte 1958 bei einem Freund in einer Essener Eisdiele angefangen, und der war ja schon etwas länger da. Auch haben die Kruppianer das Eis-Café Romeo nicht gemieden und lieber Bier getrunken. „Da haben 16 000 Mann gearbeitet, natürlich haben sie bei mir Eis gegessen.“ Sei es drum, die Savianes nehmen die Beiträge mit einem Lächeln. Trotz kleinerer Fehler hätten sie für jede Menge Kundschaft in dem Geschäft an der Friemersheimer Kaiserstraße gesorgt.