Krefeld/Rheinhausen. . Die Bürgerinitiative „Saubere Luft“ freut sich über das Aus für das Kohlekraftwerk in Krefeld-Uerdingen, hat aber noch viele Pläne.
Im Nachhinein klingt alles irgendwie ganz einfach. Kohlekraftwerke verpesten die Luft und sind zudem wesentlich unwirtschaftlicher als Gas- und Dampfturbinen(GuD)-Kraftwerke. Dazu kommt ein beträchtlicher Unterschied in Sachen Baukosten. So hätte das ehemals geplante Kohlekraftwerk in Uerdingen mehr als eine Milliarde Euro kosten sollen, das jetzt geplante GuD-Kraftwerk schlägt mit 700 Millionen Euro zu Buche. Fakten, die eigentlich für sich sprechen, doch war es bis zu diesem Umdenken ein langer Weg. Norbert Bömer, Vorsitzender der Rheinhauser Bürgerinitiative „Saubere Luft“, blickt zurück und auch voraus.
„Klar, freue ich mich auch ganz persönlich über den Erfolg“, sagt der 63-Jährige. Dass es letztlich geklappt hat, habe man unzähligen Menschen zu verdanken, die sich seit Anfang 2007 in diversen Bürgerinitiativen engagierten, Einsprüche gegen das Kohlekraftwerk formulierten, Unterschriften sammelten und sogar hungerstreikten. „Ein bisschen Glück haben wir allerdings auch gehabt“, gibt Bömer zu.
Rückblick: Norbert Bömer, unter anderem ausgebildeter Umwelttechniker, arbeitet als freigestellter Betriebsrat bei Hoesch in Dortmund. 2008 zieht er nach Asterlagen, erfährt über die Medien von dem geplanten Bau und engagiert sich in der Bürgerinitiative „Saubere Luft“. Der Mann gilt als Idealbesetzung, weiß in Sachen Umwelttechnik Bescheid, arbeitet in der Industrie und hat als Betriebsrat engen Kontakt zu einer Belegschaft eines großen Unternehmens.
„Wir brauchten eine Alternative“
So hatten die Kohlekraftwerk-Verhinderer 2008 und 2009 stets den Vorwurf gehört, gegen das Unternehmen Currenta – auf dessen Boden soll das Kraftwerk entstehen – eingestellt zu sein. Ein Aus für das Kraftwerk würde in der Zeit der Wirtschaftskrise 7000 Arbeitsplätze gefährden. „Wir brauchten also eine gute Alternative, um das Kohlekraftwerk verhindern zu können.“ Und die gab es in Form moderner und 90 Prozent weniger Schwermetalle, CO2 und Feinstaub verursachende GuD-Kraftwerke.
Mitglieder verschiedener Initiativen lasen sich ein zum Thema, der Bund stand mit Fachanwälten zur Seite, „die haben die Initiativen bezahlt und dafür einen fünfstelligen Betrag an Spenden aufgebracht.“ Ein Erörterungstermin mit 23 000 Einsprüchen gegen das Projekt und dem Ergebnis, dass der Investor Trianel deutlich nachzubessern habe, kann man durchaus als eine Wende im Fall „Kraftwerk Uerdingen“ sehen. Zudem sprangen bei dem aus um die 30 deutschen Stadtwerken bestehenden Trianel-Verbund immer mehr Beteiligte ab. Vor gut einem Jahr war dann klar, die Pläne fürs Kohlekraftwerk wandern in den Schredder, die für das GuD-Kraftwerk zur Genehmigungsbehörde Bezirksregierung Düsseldorf.
Ziel erreicht?
Ziel erreicht? „Auf der einen Seite schon“, sagt Bömer. Man könne jetzt ein bisschen feiern, die Initiativen laden ein zum Fest der Vernunft nach Uerdingen (siehe unten). Bömer und seine Mitstreiter wollen den weiteren Verlauf des Verfahrens aber intensiv begleiten. „Es geht jetzt darum, dass die modernste Technik für das Kraftwerk zum Einsatz kommt, um die Emissionen so gering wie möglich zu halten.“
Die rund 60 Mitglieder umfassende Bürgerinitiative „Saubere Luft“ bleibe in jedem Fall bestehen, Bömer und der Rest des Vorstandes haben sich erst vor ein paar Wochen für ein weiteres Jahr in ihren Ämtern bestätigen lassen. Und vielleicht ist der Einsatz für saubere Luft schon sehr bald wieder erforderlich. Im Krefelder Hafen plant jemand, ein die Luft verpestendes Zementkraftwerk zu bauen. Sobald Pläne offen liegen, wollen sich Bömer und Co. umfassend informieren. Um dann womöglich die nächste Dreckschleuder zu verhindern. Saubere Luft statt Luft raus.
„Fest der Vernunft“am 23. Juni
Mit einem „Fest der Vernunft“ möchten sich die Umweltorganisationen Astr(h)ein, BUND, Saubere Luft und der Niederrheinische Umweltschutzverein bei den Menschen für die Unterstützung im Kampf gegen Kohlekraftwerke in Duisburg, Krefeld und Düsseldorf bedanken. Termin: Samstag, 23. Juni, 15.30 Uhr bis 20 Uhr. Ort: Festzelt neben der Kirche St. Matthias gegenüber dem Chempark Tor 4, Kirchstraße 1, 47829 Krefeld. Auf die Gäste warten Musik, Verpflegung und eine Talkrunde.