Die Energiewende kommt, braucht aber etwas länger. Bei Leißes geht es deutlich schneller.

Nicht nur, weil Claudia und Heiner Leiße Grünen-Politiker sind. Nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus finanziellen Gründen. Das Bergheimer Ehepaar nahm am Wochenende offiziell eine riesige Photovoltaikanlage auf den Dächern seiner drei Mehrfamilienhäuser In den Peschen in Betrieb. „Mit 190 Quadratmetern ist das eine der größten privaten Photovoltaikanlagen in ganz Duisburg“, sagt Heiner Leiße nicht ohne Stolz und drückte symbolisch den roten Startknopf. Der Start gelang: Zumal am Samstag völlig überraschend die Sonne vom Bergheimer Himmel schien…

„Die Anlage besteht aus 114 Modulen. Jedes Modul schafft 240 Watt pik in der Spitze. Daraus ergibt sich eine Komplettleistung von 27,36 Kilowatt pik“, rechnete Leiße vor. „Die 190 Quadratmeter Fläche sind aufgeteilt auf zwei Wechselrichter. Die Wechselrichter wandeln den Gleichstrom, der auf dem Dach entsteht, in netztaugliches Wechselstrom, der dann aus der Steckdose kommt.“ Zwar kann die Photovoltaikanlage einen maximalen Wirkungsgrad von stolzen 98,2 Prozent erreichen. Aber leider nur theoretisch. Denn praktisch gibt es eine Begrenzung, darf die Anlage nach den neuesten gesetzlichen Vorgaben nur 70 Prozent Wirkungsgrad erzielen: „Da musste der Elektriker an einigen Schräubchen drehen“.

Anlage spart jährlich15 Tonnen CO2

Beachtlich ist auch das ökologische Sparpotenzial der Solaranlage über den Dächern von Bergheim: „Wir sparen etwa 15 Tonnen Co2 im Jahr ein, gegenüber der konventionellen Stromversorgung.“ Leiße weiter: „Wir produzieren im Jahr Strom für mindestens sechs Einfamilienhäuser.“ Leißes Anlage speist den produzierten Strom komplett ins Netz ein: „Wir bekommen diesen Strom vergütet, 21 Cent pro Kilowattstunde. Leiße handelte schnell: „Schon ein paar Tage, nachdem ich den Antrag gestellt hatte, sank die Vergütung auf nur noch 19 Cent pro Kilowattstunde.“

Die gesamte Photovoltaikanlage kostet rund 70 000 Euro. „Das ganze Projekt konnten wir finanziell nur stemmen, weil wir ein zinsgünstiges Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau bekommen haben, aus dem Fördertopf „Energieeffizient sanieren.“ Da traf es sich gut, dass die Leißes sowieso ihre drei Mehrfamilienhäuser energetisch sanieren mussten. Denn die dreistöckigen Gebäude wurden 1959 errichtet, sind inzwischen mehr als 50 Jahre alt. „Wir mussten das Dach neu machen. Das hat noch einmal einen fünfstelligen Betrag gekostet.“

Hintergrund: Die Energieeinsparverordnung schreibt seit 2011 vor, dass Hauseigentümer ihre zugänglichen, nicht gedämmten, obersten Geschossdecken dämmen müssen. „Diese Nachrüstung ist für die Eigentümer verpflichtend“, erläuterte der Ruhrorter Architekt Dietmar Beckmann. Nach dem Standard der Energieeinsparverordnung muss ein Haus nach der Sanierung einen Wärmedurchgangswert von 0,20 erreichen.“ Die Bauleute Claudia und Heiner Leiße erzielten mit ihrer Dachsanierung sogar einen Wert von 0,14. Ein Rheinhauser Fachbetrieb kleidete die Sparren neu aus, verstärkte den Dachstuhl wegen des zusätzlichen Gewichtes der Photovoltaikanlage, und deckte das Dach mit neuen Ziegeln ein, weil die alten nicht mehr zu bekommen waren. Für die Dämmung wurde nicht Glaswolle, sondern 20 Zentimeter dickes Polyurethan verwendet, „ein sehr dichter, hochwertiger Dämmstoff“, so Beckmann. Anschließend wurde die Photovoltaikanlage installiert und Ende März in Betrieb genommen. Abschließend wurde gemessen. Resultat: Ein Wärmedurchgangswert von 0,14. Damit galt die energetische Sanierung der Leiße-Häuser bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau als förderungswürdig. Und schon floss Fördergeld…

„Das ist unserprivater Beitrag“

„Grün zu sein ist für mich nicht nur Parteimitgliedschaft, sondern eine Lebenseinstellung“, fasst Claudia Leiße das Engagement der Eheleute zusammen, den die Energiewende besonders in Duisburg zu langsam geht. „Die Anlage ist unser privater Beitrag, dass es vorwärts geht!“ Jetzt hoffen Claudia und Heiner, dass am Himmel von Bergheim möglichst oft eitel Sonnenschein herrscht.

Nach einer Aufstellung der Stadtwerke gab es in ganz Duisburg Ende 2011 mehr als 733 private und öffentliche Photovoltaikanlagen, Tendenz steigend. Von der Fläche und der Leistung her rangiert die Anlage der Eheleute Leiße auf Platz 63. Große Solaranlagen im Westen betreiben unter anderem das Finanzamt Duisburg-West, die Lise-Meitner-Gesamtschule, einige Unternehmen auf dem Logport-Gelände in Rheinhausen. sowie das Albert-Einstein-Gymnasium in Rumeln-Kaldenhausen. „Der Anteil an der gesamten Stromproduktion steigt rapide“, so Architekt Dietmar Beckmann. „Die Produktion von Solarenergie ist im ersten Quartal 2012 gegenüber dem ersten Quartal 2011 um rund 40 Prozent gestiegen.“ Diese Entwicklung vertrage sich aber nicht mit dem Solarenergie-Ausstieggesetz des Bundeswirtschaftsministeriums, kritisiert Beckmann. „Dieses Gesetz bildet die aktuellen Marktmechanismen nicht ausreichend ab.“