Rheinhausen/Krefeld. . Die Anlieger des alten Bayerwerks stecken 245 Millionen in alte und neue Anlagen. BMS bringt neue Technik zur Chlorproduktion.

Die Chemie-Firmen im Uerdinger „Chempark“, dem ehemaligen Bayerwerk, haben die Krise von 2009 offenbar endgültig überwunden. Nach einem Tiefststand in besagtem Krisenjahr sind die Investitionen in Neuanlagen 2011 nicht nur zum zweiten Mal in Folge deutlich angestiegen. Mit 125 Millionen Euro liegt die Summe auch erstmals über Vorkrisen-Niveau (2008 106 Millionen) und auf dem höchsten Stand seit sechs Jahren. Neben diesem Betrag flossen außerdem laut Chempark-Leiter Stefan Dresely rund 120 Millionen Euro in in die Instandhaltung. Damit summieren sich die Investitionen des letzten Jahres in Krefeld auf 245 Millionen Euro.

Nicht noch einmal angestiegen ist die Zahl der Lkw, die monatlich im Chempark abgefertigt werden. Von rund 6000 auf dem Höherpunkt der Krise stieg sie im Frühjahr 2010 auf über 10 000, blieb seitdem aber darunter. Die Zahl könnte in Zukunft weiter sinken. Allerdings nicht, weil ein Rückgang der Produktion zu erwarten wäre. Vielmehr soll die Belieferung des Chempark demnächst in Zusammenarbeit mit der Duisburger Hafengesellschaft Duisport mit dem Hohenbudberger Containerterminal auf eine zeitgemäße, bimodale Containerlogistik umgestellt werden. Damit würde ein Teil des Transport-Aufkommens von der Straße auf die Schiene verlagert.

Die Mitarbeiterzahl ist mit 7464 ungefähr auf dem Niveau der Vorjahre, allerdings ist ein klarer Trend zum Outsourcing erkennbar: Mit 2281 stellen „externe Dienstleister“ mittlerweile den größten Batzen.

Mehr externe Mitarbeiter

Es folgt der von Bayer ausgegliederte Chemieproduzent Lanxess mit 1732 Arbeitern und Angestellten. Bayer selber ist noch mit Tochter-gesellschaften in Uerdingen vertreten. Neben der Chempark-Betreiberfirma Currenta, an der Bayer und Lanxess Anteile halten, mit 619 Mitarbeitern - dazu noch einmal 460 bei den Dienstleistern Chemion und Tectrion - ist das vor allem „Bayer Material Science“ (BMS) mit 935 Angestellten. Insgesamt sind in Uerdingen 1165 Menschen bei direkten Bayer-Töchtern beschäftigt.

Von Bayer Material Science stammt eine der spektakulärsten Neuanlagen des letzten Jahres: Die weltweit erste Chlor-Produktionsanlage industrieller Größenordnung in der von BMS entwickelten „Sauerstoffverzehrkathoden“-Bauweise (SVK). Chlor wird per Elektrolyse aus Natriumchlorid (Kochsalz) gewonnen. Das ist extrem energieaufwendig. Mit dem neuen Verfahren, das auch weltweit vermarktet werden soll, lässt sich gegenüber dem bislang üblichen Standard-Membranverfahren knapp 30 Prozent Energieeinsparung realisieren. Am Standort Uerdingen wird der Spareffekt noch deutlicher ausfallen: Hier sind noch Anlagen der veralteten Amalgam-Diaphragma-Methode im Einsatz, die rund doppelt so viel Strom verbrauchen, wie die SVK-Anlagen, durch die sie langfristig ersetzt werden sollen.

Neue Gaskessel als Dampf-Backup

Ebenfalls Energie sparen sollen Umbauten in den Werkseigenen Kraftwerken. Im Kraftwerk L 57 werden zwei veraltete Gaskessel stillgelegt und durch neue gasbetriebene Dampfkessel mit 16 und 120 bar Druck, teilweise mit Abluftverbrennung, ersetzt. Im Kraftwerk N 230 zwei vorhandene Kessel modernisiert und fünf neue „Flammrohrkessel“ in Betrieb genommen. Laut Dresely bleibt damit die „Feuerungswärmeleistung“ am Standort etwa gleich, die Immissionssituation soll sich aber verbessern. Die Kessel sind ausdrücklich nicht als möglicher Ersatz für das von Trianel in Uerdingen geplante Gas- und Dampfkraftwerk gedacht. Sie sollen lediglich dann Dampfkraft bereitstellen, wenn dieses netzbedingt heruntergefahren werden muss.