Liebe Bekannte hat man gerne zu Gast, vor allem, wenn sie neue und gute Geschichten erzählen oder einige alte spannend vortragen können. Die Duisburger Philharmoniker sind solche netten Leute.

Ihr mittelgroßes Ensemble mit rund 60 Musikern lieferte mit dem zweiten Konzert in der Rheinhausen-Halle erneut ein Beispiel dafür ab, wie tief und fesselnd Musik berührt.

Vorweg: Es war auch unbedingt ein heiterer Abend, der durch die Moderation des Taktstockriesen Fratz (Gardemaß gut über 1,90 Meter) immer seine verbale Leichtigkeit behielt. Manchmal wirkte er (von hinten) wie ein Stuntman für „Mr. Bean“. Mit langen nahe bis zu den Geigen wühlenden Handbewegungen „rührte“ er wirkungsvoll im Klangkörper - und wie von magischer Hand schöpfte er unentwegt Klangströme und perlende Rhythmen aus den Instrumenten und ihren Bedienern.

Auf dem Bodender Taktsachen geblieben

Andere mögen in dieser Aufgabe einen fast schwebenden Solotanz abliefern - Fratz blieb auf dem Boden der Taktsachen, meist mit gebücktem Rücken und tief gesenktem Kopf. Man machte sich schon Gedanken, ob er da je wieder schmerzfrei herauskommt. Er kam. Das war auch im Tempo manchmal Atem beraubend. Fratz wirkte in der ersten halben Stunde wie in Trance, wischte sich mehrmals in kurzen Pausen das Gesicht ab.

Und dann der befreiende Kommentar nach der im Höllentempo absolvierten Tritsch-Tratsch--Polka von Strauß: „Nicht der Dirigent soll schwitzen, sondern nur dem Publikum soll warm werden!“ Heiterkeit auf den bezahlten Sitzen.

Die zahlreichen als Tänze definierten Meisterkompositionen solcher genialen Klassiker wie Anton Dvorak, Johann Strauß Sohn oder Anatoli Ljadow waren im Ausdruck leichte aber mitreißende Kost. In eleganter Wucht massierten die Streicher und Bläser auf höchst vergnügliche Weise neben den Beinmuskeln auch Ohren und Trommelfell der Zuhörer. Aber Fratz warnte auch, allerdings erst nach dem betreffenden Auftaktstück: „Diese Polonaise von Ljadow ist ohne Löcher im Käse, und man greift auch nicht von hinten an die Schulter“, in Anspielung auf die gleichnamige karnevalistische Variante. Da war die Polonaise aber schon weitergezogen und es wurden andere Träume genährt. Nämlich die vom Walzer als Liebesberauschende Tondichtungen, die das Blut in Wallung bringen. Und tatsächlich rührte die Melodie des unvergessliche Strauss-Walzers „Wiener Blut“ das Publikum.

Wie die Geigen zart das Thema andeuteten, an die kräftigen Posaunen und Trompeten weitergaben, hatte eine betörende Wirkung. Dem Orchester gebührt nicht nur für diese Ausführung hohes Lob. Besonders die hauchzarten aber wirkungsvollen Streicheleinheiten, die der Mann an den Becken den Metallscheiben schenkte, bewiesen die Klangkunst dieses außergewöhnlich starken Ensembles.

MeisterlicheTonkunst

Wenn im hinteren Publikumsbereich der sanfte Nachhall des Beckenklangs, akzentuiert durch weiches Öffnen der aufeinander gestoßenen Metallkörper noch so glasklar zu vernehmen ist als käme der Klang aus einem nur fünf Meter entfernten Lautsprecher, dann verdiente diese Tonkunst das Prädikat meisterlich.

Das galt natürlich auch für die Ausführungen der Dvorak-Tanzstücke, die Taktmeister Fratz mit dem Zitat des Dvorak-Freundes Brahms ankündigte - belegt mit dem Können des ihm anvertrauten Klangkörpers: „Die Ideen, die Dvorak nicht verwendet, weil sie seinen Ansprüchen nicht genügen, würden ausreichen, um das Hauptwerk von fünf anderen Komponisten zu füllen.“ Triumphal war Bizets „Carmen“, ohne Sängerin, aber mit erstklassigem virtuosen Querflöten- und Klarinettenspiel, die das Dramatische dieser Oper (mit drei Toten am Ende) betonten. Fazit: Ein Konzertabend auf höchstem Niveau mit Humor. Auf Wiederhören in diesem Theater...