Der Tiergnadenhof an der Fährstraße besteht jetzt zehn Jahre.

Hirtenhündin Kira entdeckt den Besucher sofort und läuft neugierig zum Eingang. Sie bellt zwar, wedelt jedoch gleichzeitig mit der Rute, ist also freundlich gestimmt gegenüber dem Fremden. Auch die Pferde auf dem angrenzenden Paddock recken interessiert die Köpfe und kommen gemächlich angelaufen. Menschen sind willkommen auf dem Tiergnadenhof in den Rheinwiesen an der Fährstraße in Rheinhausen. Und sie sind für alle vierbeinigen Wesen nichts Ungewöhnliches, nichts, dass sie aus der Ruhe bringt. Und so lassen sich die drei Katzen auch nicht stören, die entspannt in Körbchen schlummern. „Sie waren die ganze Nacht unterwegs und müssen sich jetzt ausruhen“, lacht Renate Zolopa.

Ihr Mann Hans hat das Zuhause für Tiere geschaffen, die keiner mehr haben wollte, die in desolaten Situationen aufgefunden wurden, die krank oder einfach nur alt waren. Unweit des Rheins verbringen sie jetzt ihren Lebensabend. Zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass der Tiergnadenhof in seiner jetzigen Form entstand. Das erste Projekt dieser Art entstand aber bereits vor 14 Jahren in Bergheim. Dort ist ein wesentlich kleiner Tierhof zu finden, wo rund 20 Pferde das sogenannte Gnadenbrot bekommen.

Eigentlich suchte Hans Zolopa ein Pferd für seine Tochter. In Bergheim wurde er fündig. Der Stall war allerdings in einem desolaten Zustand, „er stand kurz vor dem Zusammenbruch.“ Zolopa reparierte zunächst einiges, übernahm schließlich den Stall und hatte prompt das Ordnungs- und Veterinäramt der Stadt Duisburg vor der Tür stehen. Also baute er alles neu auf und um. Hans Zolopa: „In dem Stall sind bestimmt 20 000 Schrauben.“

„Wie die Jungfrau zum Kind“

Wie die sprichwörtliche „Jungfrau zum Kind“ kam er ein paar Jahre später zum heutigen Tiergnadenhof in den Rheinwiesen. Hans Zolopa besuchte das Areal mal, als auch gerade der Konkursverwalter auf dem Gelände war. Ein Ponyverleih war dort einst angesiedelt, wo die Tiere allerdings ein erbärmliches Leben führten. Schuppen standen dort, die Ponys standen angebunden, zu Fressen gab’s wenig oder gar nichts. Nun, um die Geschichte abzukürzen: Der Tierfreund übernahm den „Hof“ und ließ erst mal Lkw und Bagger anfahren, die den gesamten Mist wegräumten.

Inzwischen ist der Tiergnadenhof und die damit verbundene Jugendfarm weit über die Grenzen Duisburgs hinaus in seiner Form einmalig. 65 Pferde (mit dem Standort Bergheim) haben hier ein Zuhause. Außerdem noch zwei Hängebauchschweine, 15 Katzen, zwei Hunde (Kira und Buddha) sowie drei Schafe und fünf bis sechs Kaninchen.

Ein Zuhause ist der Gnadenhof inzwischen auch für die vielen Kinder und Jugendlichen. Sie pflegen die Pferde und dürfen sie im Schritt ausreiten. Auch Unterricht gibt es einmal in der Woche für wenig Geld von einer Reitlehrerin. Denn 20 der 65 Rösser, die alle miteinander eine mehr oder weniger leidvolle Geschichte haben, können noch moderat unter einem Reiter bewegt werden. Da ist zum Beispiel die 21-jährige Stute „Starlet“, die einst Junioren- und Deutsche Meisterin im Springen war, aber wegen eines Sehnenschadens abgegeben wurde und inzwischen genesen ist.

Frühstück für Kinder

Mittlerweile ist Hans Zolopa auch Ansprechpartner für Behörden. Die Stadt ruft etwa an, wenn ihnen mal wieder Tiere gemeldet werden, die ein verwahrlostes Dasein fristen. Auch die Polizei hat er an der Strippe, wenn irgend etwas mit einem Pferd ist und sie mit dem „Teufel“ nicht fertig werden.

Im Laufe der Zeit lag dem Ehepaar Zolopa aber nicht nur das Wohlergehen der Tiere am Herzen: Immer mehr kümmerten sie sich auch um Kinder und Jugendliche, die in schwierigen Verhältnissen leben. So entstand zum Beispiel das Frühstück, das alle 14 Tage sonntags angeboten wird. Zwischen 20 und 40 kleine Gäste kommen und nehmen sogar Anfahrten aus Oberhausen oder Mülheim in Kauf. Und mancher Jugendlicher, der vom Amtsgericht zu Sozialstunden „verdonnert“ wurde, erfährt hier eine Bewusstseinserweiterung.

Darüber hinaus besucht das Ehepaar Zolopa Schulen und Kindergärten oder hat beides auf dem Hof zu Gast. Mittlerweile haben auch sieben sogenannte Zwei-Euro-Jober eine Beschäftigung auf dem Gnadenhof gefunden.

Viel Engagement für eine gute Sache, die ausschließlich von Spenden lebt. „Wir gehen nicht auf die Straße oder an Haustüren und sammeln Geld“, sagt Hans Zolopa, der sich jedoch mehr Unterstützung von Sponsoren wünschen würde. Zwar gibt es einige Tierpatenschaften (für Großpferde 40 Euro und für Ponys 30 Euro), doch damit allein lässt sich der Hof nicht stemmen. Mit Sorge blickt Renate Zolopa auf das beginnende Frühjahr: Die Impfungen und Wurmkuren für die Pferde stehen an und reißen ein dickes Loch in die Finanzen. Regelmäßige große und kleine Spenden wären ein Segen für den Gnadenhof. Denn mit Zuschüssen von der Stadt kann er wegen der desolaten Haushaltslage nicht rechnen.