Von wegen Märchen sind erfunden. Was die Rheinhauser Laiengruppe Bühne 47/ Ketteler Spielschar bei ihrem Märchenspiel „Aschenputtel“ an sozialen Sprengstoffthemen in die Handlung packte, verdient das Prädikat „der Wirklichkeit sehr nah“.

Rund 700 Besucher erlebten in der Rheinhausen-Halle die Geschichte vom König (Oliver Legrand), der das arme aber anmutige Aschenmädchen (Angela Santamaria) heiratete.

In dieser beliebten Geschichte der Grimm-Brüder mischen die „lieben“ angeheirateten Verwandten, die der neuen Stiefschwester nichts gönnen, kräftig mit. Stella (Svenja Hartmann), Trina (Natalie Baumann) und Frau Katinka (Renate Mootz), des Vaters neue Frau, schikanieren dessen leibliche Tochter nach Herzenslust. Mobbing in der Familie heißt das neudeutsch, war aber schon vor Jahrhunderten angesagt.

Zuverlässige Helfer gefunden

Das arme Aschenputtel hatte nicht mal ein Kleid für den Ball des Königs, der eine Braut sucht, fand aber in den Tauben, der guten Fee Magnolia (Sabine Denk) sowie deren Helfer Schnurrmurr (Pauline Krüger), Firlibaus (Lisa Marie Casimir und Frosch Hopplahipp (Hanna Böhm) zuverlässige Helfer - auch die Wirklichkeit spült Notsuchenden immer wieder neue Freunde an Land, auf die man sich (meistens) verlassen kann.

Heitere Nuancen brachten die Figuren des Hoflebens in das Bühnenspiel: der wegen seines abgehetzten Arbeitslebens Rollschuh fahrende Diener Eierkopf (André Heinz) pflegte offenbar ein Techtelmechtel mit der Königlichen Magd Rosamarie (Regina Busch), gönnte dieser aber kaum ein paar Löffel Pudding aus der Schüssel. Der Egoismus feiert fröhliche Urständ’. Auf der anderen Seite genoss Eierkopf die zunächst gelungene Täuschung, er sei der König, als er dessen Mantel im Schlossgarten Aschenputtels Stiefverwandtschaft vorführt. Die fragwürdige Lebenseinstellung „Mehr Schein als Sein“ wurde hier wieder einmal vor Augen geführt.

Andererseits hätte der König auch nie zum Aschenputtel gefunden, wäre dieses Mädchen nicht in einem Zauberkleid der Fee am Hof erschienen. Erkenntnis: Kleider machen nun mal Leute - auch im Märchen, das auch an diesem Spätnachmittag Widersprüche des Alltags reflektierte.

Impulse für den Schulunterricht erhielten bei dieser Märchenvorführung 30 Fünftklässler vom Krupp-Gymnasium. Sie waren mit ihren Lehrern Norma Bunnick-Fielenbach und Hendrick Klömma in die Vorstellung gekommen, um Theateraspekte wie szenische Umsetzung von Märchen mit eigenen Augen zu erleben.

Einen Überschuss in Höhe von 1000 Euro aus den Aufführungen von 2010 erhielt nach der Premiere der Verein für Klinik-Clowns im Moerser Krankenhaus Bethanien.