Ob Großhandel oder Diskothek, Besucherströme sind dem Gewerbegebiet Mevissen nicht fremd. Am Wochenende lockte jedoch eine Werkstatt nach Bergheim, denn die „W8ZIG“ öffnete für ihren inzwischen traditionellen Kunsthandwerkmarkt die Tore, und eine Premiere gab’s obendrein: die sogenannte „Gläserne Werkstatt“ und die Ladengalerie wurden erstmals öffentlich präsentiert.

„Den Namen haben wir bewusst wegen seiner Doppeldeutigkeit gewählt“, verriet Ralf Elias, der die im Mai gegründete Glasabteilung der Behindertenwerkstatt leitet. „Zum einen stellen wir hier unsere Glasprodukte her, zum anderen möchten wir unseren Kunden einen Einblick in unsere Arbeit gewähren.“ Daher ist der Übergang von Verkaufsraum und Produktionsstätte bewusst offen gehalten, ein Schritt über eine imaginäre Schwelle genügt, schon kann man den W8ZIG-Handwerkern über die Schulter schauen. Hier schneidet einer sein Material zurecht, die Schutzbrille darf natürlich nicht fehlen. Nur wenige Meter entfernt bemalt ein anderer bislang durchsichtiges Glas mit speziellen Farben. Auch der Schmelzofen, der über 800 Grad heiß wird, ist in der Nähe. „Wir stellen hier hochwertige Produkte her“, sagte Glasermeister Elias. Das werde auch honoriert, denn „Kunden, die einmal kommen, kommen immer wieder.“

Niemand geht mit
leeren Händen

Das gelte nicht nur für die W8ZIG, sondern auch für deren herbstlichen Kunsthandwerkmarkt, der sich von Jahr zu Jahr vergrößert. Auch diesmal waren wieder viele Künstler und Aussteller dabei, die das Sortiment der Behindertenwerkstatt ergänzten. Gemälde, Schmuck, Kerzen, Vasen, Taschen, Kleidung, Badesalze und Lavendelsäckchen, kaum ein Besucher geht mit leeren Händen nach Hause. „Sie haben hier wirklich sehr schöne Sachen“, schwärmt eine Stammkundin aus Moers. Verkaufsschlager des Tages sind Adventsschalen, Glasengel für den Christbaum und die sogenannten „Platten Flaschen“, zu Schalen verformte Flaschen, deren ursprüngliche Form sich noch gut erkennen lässt. Die kommen nicht nur bei der Kundschaft gut an: „Mir fällt es schwer, hier jeden morgen reinzukommen und nicht den Laden leer zu kaufen“, verrät eine Angestellte.

Hinter ihren Produkten steht auch W8ZIG-Leiterin Heike Molz, die die Bezeichnung Behindertenwerkstatt vermeidet, weil er heutzutage noch immer stigmatisiere. Rund 100 psychisch erkrankte Beschäftigte arbeiten an der Geitlingstraße an ihrer beruflichen Rehabilitation, um im Idealfall wieder in den ersten Arbeitsmarkt eingegliedert zu werden. Ihr Arbeitsplatz im Mevissen-Gewerbegebiet ermöglicht ihnen die Teilhabe am Arbeitsleben und wieder eigene Perspektiven zu entwickeln.

Große Angebotspalette
durch Kooperation

„Unsere Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrer Arbeit. Wir haben eine sehr hohe persönliche Bindung zu ihnen und auch zu unseren Kunden“, sagte Molz. Das sei aber nur ein Teil des Erfolgsrezeptes der Werkstatt. Wichtig sei vor allem die gute Qualität der Produkte. In sieben Arbeitsgruppen fertigt die W8ZIG auf über 1000 Quadratmetern verschiedenste Handwerksprodukte aus Glas, Metall oder Holz. Zudem gibt es mitunter auch eine Kfz-Werkstatt, und einen kaufmännischen Werbemittelversand. Da die Werkstatt zu den Caritas Wohn- und Werkstätten Niederrhein (CWWN) gehört, wird die Angebotspalette durch Kooperationen mit anderen Einrichtungen sogar noch erhöht. Man überzeuge die Kunden durch die gute Arbeit, die man leiste. Molz: „Wir wollen keinen Mitleidsbonus.“

Von Mitleidskäufen war am Wochenende nichts zu spüren, die Besucher des Marktes zeigten echte Begeisterung für einige der Ideen, etwa für den Eierbecher in Spiegelei-Optik mit integriertem Magneten für den Löffel. Auch Glasblumen in knalligen Farben weckten großes Interesse, denn individuelle Wünsche setzten die Handwerker gerne um.

Viele Kunden, da sind sich Molz und ihre Mitarbeiter einig, werden wiederkommen. Vielleicht zum nächsten Kunsthandwerkmarkt in 2012 und vielleicht gibt es dann erneut eine Premiere für die Besucher, denn W8ZIG wächst, langsam zwar, aber stetig. Überlegt wird die Einrichtung eines Online-Shops. Außerdem wird ein Händler gesucht, der die Produkte vertreibt.