Beim achten Drachenboot-Festival nahe des Toeppersees kamen 3000 Besucher, 1000 Aktive und 48 Teams, eins davon aus Belgien.

Nichts hält sich so lange wie Klischees: „Die größte Erfindung der Belgier sind die Fritten.“ Oder: „Niemand auf der Welt fertigt so leckere Pralinen.“ Oder: „Sie spielen nur mittelmäßig Fußball.“ Oder: „Flamen und Wallonen sind ständig verfeindet, sie bekommen einfach keine vernünftige Regierung hin.“ Dabei sind unsere Nachbarn ein fleißiges, humorvolles und sympathisches Volk. Das konnte man wieder beim 8. Drachenboot-Festival an der Tegge in Rheinhausen feststellen. Dort gewannen die 14 Mannen und sechs Frauen vom Team „Koninklijke Drakens“ aus Lier in einem atemberaubenden Rennen über den Wasserski-See nahe dem Toepper den H2O-Cup des gleichnamigen Friemersheimer Friseursalons.

Schon seit vier Jahren kommen die Belgier ausgesprochen gerne nach Bergheim, wo bei sonnigem Wetter wieder rund 3000 Schaulustige, mehr als 1000 Aktive in 48 Teams aus ganz NRW bei ihrem Freizeitsport bewunderten.

Freundschaft
seit 1972

Doch eigentlich ist die Geschichte viel älter. Denn seit fast 40 Jahren pflegen die Flamen aus der 34 000-Seelen-Gemeinde Lier, 17 Kilometer südöstlich von Antwerpen, ihre Freundschaft zu den Mitgliedern des Kanu-Clubs Homberg-Gerdt. „Wir haben uns schon 1972 beim gemeinsamen Urlaub in der Ardeche kennengelernt“, erzählt Leon Gysberts, mit 65 Jahren der Senior des eingeschworenen Teams aus Lier, gut gelaunt. „Seitdem haben wir uns jedes Jahr gegenseitig besucht, sind zusammen in den Urlaub und gemeinsame Kanu-Rennen gefahren.“ Das ist es auch, was die Clubs aus Lier und Homberg von Anfang an verbindet: Das Kanufahren, der freundschaftliche Austausch, das gemeinsame Feiern bei kühlen Getränke, dem Bier aus Lier und dem Bier aus Duisburg. Daraus entstand eine Art Städtepartnerschaft auf Vereinsebene.

Vielleicht liegt es an ihrer Vorliebe für Gerstensaft, vielleicht liegt es an ihrem ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl. Auf jeden Fall mischen die „königlichen Drachen“ immer ganz vorne mit, seitdem sie vor vier Jahren an der Tegge in Bergheim erstmals an den Start gingen. Erstaunlich, denn die Belgier trainieren in Lier recht unkonventionell. Denn: „Wir haben daheim gar kein Drachenboot. Das leihen wir uns hier von unseren Homberger Freunden aus. Übrigens auch die Steuerfrau“, verrät Rentner Leon Gysberts zur allgemeinen Überraschung. „Zuhause in Lier trainieren wir nur mit unseren drei Zehner-Kanadier-Booten, auf der nahen Schelde und dem fünf Kilometer langen Stadtgraben rund um die Altstadt. Dann kommen wir hierhin, steigen ein und es geht los.“ Teamkamerad Yanni Gueyens, ein 40-jähriger Betonbauer, schmunzelt: „Wir sind eben echte Naturtalente!“

Mit dieser Besonderheit haben die wackeren Belgier auf jeden Fall ein Alleinstellungsmerkmal bei Duisburgs beliebtem Drachenboot-Festival. Mal ganz abgesehen davon, dass sie beim Rheinhauser Drachenbootrennen seit Jahren als einziges ausländisches Team antreten. Und auch in Belgien sind die flämischen Sportler was Besonderes: Die „Koninklijke Drakens“ bilden die einzige Drachenbootmannschaft des Vereinigten Königreichs.

Kuriose
Mischung

Ansonsten betreibt der 1953 gegründete Verein mit heute rund 260 Mitgliedern eine recht kuriose Mischung aus verschiedenen Sportarten: Wildwasser-Kanu, Motor-Biking, Wandern und Skifahren gehören dazu. Zum Team der „Koninklijke Drakens“ aus Lier gehören verschiedene Berufsgruppen: Rentner, Studenten und Studentinnen, Arbeiter und Angestellte sind dabei. Und auch ein pensionierter Polizist und ein aktiver Postbeamter sitzen mit im Boot. Die Drachenbootfahrer aus Lier sind übrigens zwischen 18 und 69 Jahren alt.

Nach der Siegerehrung im Festzelt am Abend feierten die Belgier und die Homberger an der Tegge gemeinsam bis in die Nacht. Danach übernachteten die 20 Aktiven Drachenbootfahrer mit ihrem siebenköpfigen Anhang im Bootshaus der langjährigen Sportsfreunde vom Kanu-Club Homberg-Gerdt. Sonntag starteten die Flamen wieder in ihre Heimat. Nach nur zwei Stunden waren alle wieder wohlbehalten zu Hause. „Tot ziens, Drakens!“

Auch die „Samurais“ und das „Paddelgeschwader Homberg“ vom Kanu-Club Homberg-Gerdt kämpften beim 8. Drachenbootfestival in Bergheim, das von 80 Helfern organisiert wurde, auf vier Bahnen in den Klassen „Fun“ und „Run“ wieder um gute Zeiten, viele Punkte und silberne Pokale und Urkunden. Die besten Zeiten auf der 250-Distanz lagen bei einer Minute.

Nach der Regatta bietet der Kanu-Club Homberg-Gerdt wieder einen vierwöchigen Drachenboot-Schnupperkurs an, „für Anfänger, Fortgeschrittene und sportlich Interessierte, so Vereinspräsident und Rennleiter Udo Schepers. Jeweils mittwochs um 17.30 Uhr am Vereinshaus in Homberg-Gerdt, Dammstraße 3.