Berlin/Düsseldorf/Homberg. .

Der Bundestag hat die Sicherungsverwahrung neu geregelt, der Landtag den Homberger Fall diskutiert: Was MdB Bärbel Bas und MdL Rainer Bischoff zu den Duisburger Fällen sagen.

Die Sicherungsverwahrung bleibt ein aktuelles Thema. Am Donnerstag hatte der Bundestag ein neues Gesetz beschlossen, am Freitag gab es im Landtag eine Sondersitzung zum Fall des rückfälligen Täters aus Homberg. Die Gretchenfrage ist, was das neue Gesetz bringt: Hätte der Fall in Homberg damit verhindert werden können? Und: Was bedeutet er für den Fall, wenn der nächste Sexualstraftäter entlassen wird und nach Baerl zieht?

„Die Sicherheit der Bevölkerung muss umfassend gewährleistet sein. Deshalb hat meine Fraktion der Neuregelung der Sicherungsverwahrung zugestimmt“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas gestern der Redaktion. „Wir haben jetzt endlich ein Gesetz, das vor allem Kinder, Jugendliche und Frauen vor Gewalttätern schützen kann. Dieses Gesetz hätte aber viel früher kommen müssen.“

Mit diesem Gesetz sei die Sicherungsverwahrung jetzt rechtlich weiter möglich und auch die bereits entlassenen, so genannten Altfälle können nach richterlicher Überprüfung wieder in Sicherungsverwahrung genommen werden. „Im konkreten Einzelfall wie in Homberg oder Baerl entscheidet aber weiterhin ein gerichtliches Gutachten über die Sicherungsverwahrung und im Homberger Fall hatte der Gutachter den Mann für unbedenklich erklärt.“

Genau das hält auch Rainer Bischoff, SPD-Landtagsabgeordneter für den Duisburger Westen, für den „Dreh- und Angelpunkt der sachlichen Betrachtung“. Das psychologisches Gutachten sei ganz aktuell erstellt worden und attestierte Harmlosigkeit und keinerlei Rückfallgefahr.

Gutachten als Dreh-
und Angelpunkt

„Aufgrund dieses Gutachtens gab es für das urteilende Gericht so gut wie keinen Ermessensspielraum als Alternative zur Freilassung“, sagt Bischoff. „Wie einem professionellen Gutachter in einer derart wichtigen Frage ein solches Fehlurteil unterlaufen kann, entzieht sich meiner Beurteilungsfähigkeit, aber auch meinem Verständnis.“

Der Fall mache deutlich, dass Opferschutz in jedem Fall vor den Belangen des Täters anzusiedeln sei. Die amtierende Bundesregierung habe die durch das Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofes aufgedeckte Problematik viel zu lange vor sich hergeschoben, so Bischoff. „Das gestern in erster Lesung auch mit den Stimmen der SPD eingebrachte Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wäre es bereits in Kraft, hätte es zumindest die Freilassung des Homberger Täters hinterfragt.“

Aus der gestrigen Sitzung des Innenausschuss des Landtags zieht der Abgeordnete keinen weiteren Erkenntnisgewinn. „So kurzfristig beantragte Sondersitzungen sollen in der Regel dazu dienen, das Thema noch einmal in die Öffentlichkeit zu bringen. Dies war auch heute Morgen der Fall“, sagte Bischoff im Gespräch mit der Redaktion.

Das Verhalten der Polizei zu bewerten, halte er für schwierig. „Das Verhalten des Täters erweckt den Anschein, dass er besonders berechnend vorgegangen ist. Er hat sehr intensiv mit der örtlichen Polizei kooperiert, um seine Tat dann zu begehen, als er nicht mehr bewacht wurde“, sagte Bischoff. „Ich frage mich deshalb, ob eine längere Überwachung durch die Polizei erfolgreicher gewesen wäre. Man kann vermuten, dass der Täter nach dem mir nahegebrachten Persönlichkeitsprofil nur einfach eine Zeit länger mit seiner Tat gewartet hätte.“

OLG Hamm hat den nächsten Sicherungsverwahrten bereits entlassen

Bis das neue Gesetz in Kraft tritt, wird noch einige Zeit vergehen. An der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hat es bislang nichts geändert. Das OLG Hamm hatte erst am Donnerstag, als das Gesetz im Bundestag verabschiedet wurde, wieder einen Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Der Mann wurde zuvor aber nicht wegen Sexualdelikten, sondern wegen Gewaltverbrechen verurteilt. Wo er jetzt wohnt, darüber gibt das OLG keine Auskunft.

Duisburg sei es jedenfalls nicht, sagte Polizeisprecher Ramon van der Maat der Redaktion.
Aber was unternimmt die Polizei, wenn der Sicherungsverwahrte, der nach Baerl ziehen will, tatsächlich frei kommt?

„Das kommt auf den Fall an. Aber wenn er wieder als ungefährlich eingestuft werden sollte, stehen wir wieder vor dem gleichen Problem“, sagt van der Maat. Denn letztlich fehle dann der Polizei die Rechtsgrundlage, weil auch die Verhältnismäßigkeit der Überwachung geprüft wird und es dafür eine rechtliche Ermächtigung geben muss. Laut Polizeigesetz muss von dem Entlassenen eine „gegenwärtige Gefahr“ ausgehen. Die steht allerdings im Widerspruch zu dem Gutachter, durch das der Täter überhaupt erst freikommt. „Was von der Polizei verlangt wird, ist nicht machbar. Wir können nicht die Fehler der Justiz und des Gesetzgebers ausbügeln“, sagt van der Maat.