Rheinhausen. „Jetzt fängt der Ernst des Lebens an.“ Diesen Satz hören alljährlich unzählige I-Dötzchen bei ihrer Einschulung. Wirklich ernst wird es jedoch, wenn der Berufseinstieg ansteht.
Um ihre Schüler dabei zu unterstützen, veranstaltet die Rheinhauser Heinrich-Heine-Gesamtschule jedes Jahr ein ausgiebiges Bewerbungstraining. „Unser Ziel ist es, die Schüler möglichst früh auf die Arbeitswelt vorzubereiten“, sagt Schulleiter Horst Beyer. „Wir beginnen damit bereits in der achten Klasse.“
Realitätsnahe Situationen mit Fachleuten geübt
Die rund 150 Schüler der zehnten Klassen werden am Ende des Schuljahres die Mittlere Reife erwerben. Viele von ihnen werden nicht die Oberstufe besuchen, sondern von der Schule abgehen. Eben diese Schüler brauchen eine gute Bewerbung für einen gelungenen Start in die Zukunft. Ein gesondertes Bewerbungstraining richtete sich gestern an diesen Jahrgang. „Wir versuchen möglichst realitätsnahe Situationen zu schaffen“, sagt Ute Wolters, die Koordinatorin für Berufswahlvorbereitung. Hilfreich sei dabei die Kooperation mit hiesigen Firmen und Experten aus der Berufsberatung. Duisport, Siemens, die Volksbank Rhein-Ruhr, die FOM Duisburg und die Arbeitsagentur wirkten mit. „Die Schüler haben das Angebot sehr gut angenommen und waren sehr diszipliniert“, sagt Janine Gerhardt-Wudenek, die Klassenlehrerin der 10c. Die Jugendlichen zogen sich chic an, als gingen sie zu einem echten Bewerbungsgespräch. Einige hatten sogar bereits fertige Bewerbungsmappen dabei. Durch die Kooperation mit Firmen bekämen die Schüler auch einen besseren Überblick, welche Möglichkeiten ihnen überhaupt offen stehen. „Die Vielfalt der Berufsbilder ist weitgehend unbekannt“, sagt Schulleiter Beyer.
Trotz des speziellen Angebots, das Perspektiven aufzeigen soll, werden an der Heinrich-Heine-Gesamtschule einige problematische Entwicklungen wahrgenommen: Die Jugendlichen setzen sich einerseits viel zu spät mit ihren Berufswünschen auseinander, bewerben sich in Folge dessen nicht rechtzeitig und geben zu früh auf. Der Großteil würde sich daher zunächst für Berufskollege entscheiden, auch, weil sie die Berufswahl aufschieben wollten.
Andererseits seien die Jugendlichen heute nicht flexibel genug. „Sie wollen in Duisburg oder am liebsten in Rheinhausen wohnen bleiben,“ sagt Schulleiter Beyer.
Hiesige Firmen würden geeignete Schulabgänger aber durchaus einstellen. „Gerade der Mittelstand sucht junge Leute mit 16 oder 17 Jahren, die noch Biss haben“, sagt Helga Kleinkorres vom Duisburger Unternehmerverband.
Personaler wüssten um die Schwierigkeiten der Schüler beim Eintritt in das Berufsleben. So drängten zum Beispiel für Studium geeignete Abiturienten wegen der Studiengebühren auf den Ausbildungsmarkt. Es stimme jedoch nicht, dass Arbeitgeber nur nach dem „höchstmöglichen Bildungsabschluss“ schauen und dass heutzutage ohne Abitur keine Zukunftsperspektiven bestehen. : „Jeder nach seinen Möglichkeiten,“ sagt Helga Kleinkorres. „Mit einem guten mittleren Schulabschluss hat man durchaus gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“ Schulnoten seien zwar wichtig, Arbeitgeber würden aber auch auf andere „Schlüsselqualifikationen“ wie Fleiß, Pünktlichkeit und vor allem Freundlichkeit achten. Kurzum: Der Bewerber müsse gut zur Firma passen.