Duisburg-Rheinhausen. .
Die Wolken schafften es nicht, die Feierwütigen zu verdrängen: Trotz zum Abend hin immer durchwachseneren Wetters ließen sich rund 8000 größtenteils junge Besucher am Bergheimer Jugendzentrum „Tempel“ die Tanzstimmung nicht verhageln.
Das 17. Open-Air-Folk-Festival bot mit einem Musik-Mix von akustischen Balladen über Indie bis zu Mestizo, Balkan-Beat und Gipsy-Ska genau das richtige Alternativ-Programm für alle, denen das zeitgleich in der Rheinhauser Innenstadt stattfindende Stadtfest dann doch eine Spur zu bieder war. Und auch wenn das Festival sich musikalisch schon lange von Guinness-seligem Gefiedel durch die Pentatonik emanzipiert hat, ließ sich das Publikum den Gerstensaft von der grünen Insel schmecken.
Neue Fans im Hinterland
Zu sehen gab es etwa am Nachmittag den Debut-Gig der Rheinhauser Folk-Pop-Band Mobilée. Und die kam schon prima an. Am späten Nachmittag dann Piazumanju: Beim Auftritt der Hamburger, deren musikalische Einflüsse vom Balkan bis Jamaica reichen, war die Tempel-Wiese bei bestem Festivalwetter bereits gut gefüllt, und die Band schaffte es nach kurzer Zeit, die ersten Tänzer vom auf der Picknickdecke geparkten Hintern zu holen.
Reggae-Rhytmen und partytaugliche Polka, vorgetragen von einer fitten Band und dem stimmgewaltigen Gesangsduo aus Sänger Marcel und Sängerin Fedy waren das Erfolgsrezept, mit dem die Piraten von der Küste auch im Hinterland reichlich neue Fans anheuerten.
Ruhiger ging die hochkarätigste Band des Abends, Fanfarlo aus London, zur Sache. Vor einer endgültig zum Bersten gefüllten Tempel-Wiese brachten die Jungstars von der Insel ihre folkig inspirierte Version von Indie und Britpop. Poetisch und mit melancholischem Unterton trafen die Briten um den Exil-Schweden Simon Balthazar am Gesang den richtigen Ton, um das Rheinhauser Publikum auch auf die sanfte Tour zu begeistern.
Dabei wechselten die Musiker virtuos zwischen E- und Akustik-Gitarre, Mandoline und Violine. Besonders prägnant für den Sound von Fanfarlo war aber die Trompete von Leon Beckenham, der sich außerdem mit Bassist Justin Finch ein knallhartes Duell um den schönsten Schnauzbart des Abends lieferte.
Als gelungen kann das Experiment bezeichnet werden, die kleine Bühne aus dem Tempel-Café in den Gemeindehaus-Haupteingang zu versetzen. Von der Mühlenwiese aus verfolgten Hunderte (die nie ins Café gepasst hätten) etwa die gefühlvollen Akustik-Balladen von Saga’s Suitcase-Sängerin Aniek Brink aus Belgien oder Black-Rust-Sänger Jonas Künne. Beide sind mit ihren Bands alte Bekannte am Tempel und waren erstmals solo zu sehen.
Leichtes Nieseln störte kaum
Den umgekehrten Weg ging Eddie Arndt, der auf der großen Bühne erstmals mit seiner Band in Rheinhausen spielte. Ein Highlight auf der kleinen Bühne war die soulig-funkige Show von Bazouk aus Köln, bei denen schnell klar war, dass Deutschlands bekanntester Prenzlbergschwabe Max Herre für Sänger Kostas Chatzirafailidis nicht nur Frisur-Vorbild ist.
Da konnte auch der zum Abend aufziehende Nieselregen die Stimmung nicht mehr verhageln, bei dem die französischen Mestizo-Ska-Heroen Ma Valise einen runden Abend abschlossen.