Rheinhausen. „Schifffahrt ist Freiheit“, sagt Tobias Hahn. Er und Dustin Mehl sind Auszubildende zum Binnenschiffer am Schiffer-Berufskolleg Rhein am Bürgermeister-Wendel-Platz in Homberg.

Sie standen während des diesjährigen Tags der Offenen Tür interessierten Bürgern für Führungen und Fragen zur Verfügung.

Die Schifffahrt sei natürlich nicht für jeden etwas, doch wer etwas von der Welt sehen wolle und sich nicht vorstellen könne, täglich in einem Büro hinter einem Schreibtisch zu sitzen, für den sei Schiffer eine tolle Alternative.

Die Ausbildung biete allerdings keinen Platz für falsche Illusionen: „Für den Job muss man geboren sein“, so Hahn. „Wer hier anfängt, der weiß worauf er sich einlässt“, ergänzt Mehl. Schiffer, das sei ein Knochenjob, den man „von ganzem Herzen oder gar nicht“ mache. Reizvoll seien nicht nur die Reisen, sondern auch der sehr abwechslungsreiche Arbeitsalltag. Je nach Situation, so Tobias Hahn, müsse man auf einem Schiff „Mechaniker, Maler und Lackierer oder auch Reinigungskraft“ sein. „Psychischer Druck und Stress sind auch für Auszubildende schon sehr hoch. Mit 19 Jahren hat man spätestens graue Haare“, verrät Hahn schmunzelnd. Dustin Mehl nickt zustimmend.

Wer meine, Binnenschifffahrt sei ausschließlich ein Berufsfeld für Männer, täusche sich. Der alte Aberglaube, dass Frauen auf einem Schiff Unglück bringen, sei längst überholt. Die beiden jungen Männer begrüßen, dass sich auch Frauen für den Beruf interessieren, immerhin zwölf von 126 Azubis in ihrem Jahrgang sind weiblich, und die Tendenz steigt in den letzten Jahren stetig.

„Aussterbender Beruf“

Zwar gebe es de facto eine Arbeitsplatzgarantie, wenn man seine Abschlussprüfung schaffe, dennoch sei Schiffer „ein aussterbender Beruf“, denn viele Kollegen würden sich inzwischen damit begnügen, ihr Steuermann-Patent zu machen und hätten keine Ambitionen, Schiffsführer zu werden. Der Hauptgrund sei, dass ein Schiffsführer rechtlich die komplette Verantwortung für alle Vorkommnisse trage. Unter den Auszubildenden des Berufskollegs heißt es daher: „Der Schiffsführer steht morgens nach dem Aufstehen schon mit einem Bein im Knast.“

Im Bereich der Binnenschifffahrt kommt man nicht am Schiffer-Berufskolleg Rhein vorbei. Denn in Homberg kann man nicht nur zum Binnenschiffer ausgebildet werden sondern auch zum Boots- oder Schiffsbauer (Konstruktionsmechaniker) und zur Fachkraft für Hafenlogistik. Sogar Fachabitur kann man hier machen. Etwa 650 Auszubildende hat das Kolleg, die nicht selten aus europäischen Nachbarstaaten kommen. Circa 130 leben auf und am Schulschiff Rhein, während die übrigen praktische Erfahrung auf den Flüssen Europas sammeln.

Das Berufskolleg ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Es besitzt den modernsten Flachwasser- und Radarfahrsimulator und auf dem Schulhof steht ein überdachter Chemietanker, in dem die lebenswichtige Leckabwehr trainiert wird. Natürlich schwebe niemand in Lebensgefahr, aber jeder strenge sich trotzdem richtig an, weil auch bei einer Simulation niemand freiwillig nass werden möchte.

Ein weiteres Highlight der Ausbildung ist der am Wochenende eingeweihte Schiffsdiesel mit der Bezeichnung 8V 4000 M60. Dies ist ein Schiffsmotor der neusten Generation, der bisher nur in Homberg für die Ausbildung verwendet wird. Angehende Schiffer erlernen hier seine Benutzung sowie Fehlerdiagnostik und –reparatur. Mit seinen 1800 Drehungen pro Minute schafft so eine Hauptmaschine rund 1200 PS und kann mit seiner Saugkraft einen Klassenraum in weniger als 90 Sekunden leeren. Atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes. (Weitere Informationen unter www.du.nw.schule.de/sbk/)