Bei der Fußball-WM ist am 30. Juni spielfrei. Für Wolf-Dieter Griebler beginnt die „spielfreie“ Zeit am Tag darauf. Denn mit Beginn der zweiten Jahreshälfte ist seine Aufgabe als Mannschaftskapitän der Sachtleben Chemie GmbH beendet.
Nach über 30 Jahren bei der Homberger Spezialitäten-Fabrik, davon 20 Jahre als Geschäftsführer, wird Professor Dr. Wolf-Dieter Griebler, im Januar 65 Jahre alt geworden, von Seifi Ghasemi, Chef des amerikanischen Sachtleben-Eigentümers Rockwood, in den Ruhestand verabschiedet. Das bestätigte Unternehmenssprecher Axel Markens dieser Zeitung gestern auf Anfrage.
Nachfolge noch
nicht geklärt
Ebenfalls gestern wurde auch die Belegschaft informiert. Als letzte offizielle Aufgabe wird der Chief Executive Officer am 22. Juni um 17 Uhr die Ausstellung „Dialog zwischen Kunst- und Arbeitswelt“ der Weseler Künstlerin Anja Weinberg im Foyer der Sachtleben-Hauptverwaltung eröffnen, bevor der Rockwood-Vorstand ihn acht Tage später in einer internen Feierstunde verabschiedet. Lobende Worte fand Ghasemi bereits im Vorfeld: „Als langjährige Führungspersönlichkeit hat Professor Griebler entscheidend zum Wachstum und zur nachhaltigen Stärkung des Unternehmens beigetragen“.
Der Rockwood-Chef ließ bereits durchblicken, dass bis zur Benennung eines Nachfolgers Sachtleben durch das bisherige Managementteam geführt werde, Kontinuität somit sichergestellt sei. Seifi Ghasemi, auch Vorsitzender des Sachtleben-Aufsichtsrates werde ab Juli häufiger in Homberg „vor Ort“ sein.
In einer Abschiedsbotschaft an seine Mitarbeiter verglich der scheidende Geschäftsführer die vergangenen beiden Jahre „mit einer wilden Achterbahnfahrt“. Griebler: „Der jähe Absturz von Umsatz und Ergebnis im letzten Quartal 2008, die quälende Ungewissheit über die wirtschaftliche Zukunft in der ersten Jahreshälfte 2009, die dann einsetzende Erholungsphase und das rasante Marktwachstum in den ersten fünf Monaten diesen Jahres waren in Dramatik und Dynamik eine neue Erfahrung für uns.“ Wiederholt dankte er Betriebsrat und Gewerkschaft, „mutig, schnell und beherzt gehandelt und so die Weichen zum Erhalt der Arbeitsplätze richtig gestellt“ zu haben.
Etwas Wehmut
schwingt mit
Die erneute Umsetzung des Sachtleben-Solidaritätspaktes zeitige bereits Erfolge. Trotz eines „Schattens der Unsicherheit über der zukünftigen Entwicklung der globalen Wirtschaft“ könne die Belegschaft „erst einmal aufatmen“. Griebler verriet: „Wir verkaufen wieder mehr Mengen zu gestiegenen Preisen und halten weiterhin unsere Kosten unter Kontrolle. Unter dem Strich schreiben wir schwarze Zahlen und verdienen Geld“.
Wolf-Dieter Griebler, vor sechs Jahren zum Honorar-Professor der Uni Duisburg-Essen ernannt, an der er als „engagierter Vermittler zwischen Theorie und Praxis“ über „industrielles Projektmanagement in der Chemischen Industrie“ doziert, konnte eine gewisse Wehmut nicht verhehlen: „All die Jahre habe ich sehr gerne und mit großer Begeisterung mit Ihnen zusammen für das Unternehmen und für unsere Kunden gearbeitet. Es hat mir - jedenfalls meistens - viel Freude gemacht und ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit Stolz auf die zurückliegenden Jahre und das Erreichte zurückblicken können. Das Sachtleben Team hat die traditionsreiche ,os Fabrik’ auf einen guten Weg gebracht und Fundamente für eine weiterhin gute wirtschaftliche Entwicklung gelegt. Dafür bin ich allen Kollegen, die daran mitgewirkt haben, sehr dankbar. Produkte mit hohem Kundennutzen und sichere Arbeitsplätze standen im Mittelpunkt unserer Arbeit, und ich bin sicher, dass das hochprofessionelle Sachtleben Team auch nach meinem Ausscheiden daran festhalten wird“. Griebler wünschte seiner Mannschaft „viele erfolgreiche neue Produkte und schwarze Zahlen als Lohn für Ihre Leistung“.