Duisburg-Rheinhausen/Kamp-Lintfort/Moers. Fiebersaft ist derzeit Mangelware. Apotheker Erol Gülsen stellt ihn deswegen in seinen Apotheken in Moers, Kamp-Lintfort und Duisburg selber her.
Uta Schuchardt nimmt einen Löffel von dem weißen Pulver und schüttet es auf den kleinen schwarzen Teller, der bereits auf der Waage steht. Elf Gramm genau zeigt die Waage an. Die pharmazeutisch-technische Assistentin nickt zufrieden. „Der Traubenzucker macht das ganze süß. Für Kinder besonders wichtig“, sagt Schuchardt, während sie den Fiebersaft für Kinder herstellt. Der ist derzeit nämlich Mangelware und im Großhandel nicht zu bekommen, erklärt Apotheker Erol Gülsen. Zwar gebe es noch einen kleinen Vorrat, aber: „Wenn kein Nachschub kommt, sieht es kritisch aus.“
Deswegen haben er und sein Team entschieden, Fiebersaft in seinen drei Apotheken in Rumeln-Kaldenhausen, Moers und Kamp-Lintfort selbst herzustellen. „Wir konnten nicht mehr zusehen, wie verzweifelt einige Mütter und Väter waren und das wegen einem einfachen Fiebersaft“, betont der Apotheker und berichtet von Erfahrungen der vergangenen Wochen: Die Menschen seien „zum Teil wirklich in der Apotheke zusammengebrochen“, wenn sein Team auf die Frage, ob es noch Fiebersaft für Kinder gibt, verneinen musste. „Wenn was lieferbar ist, bekommt man eine kleine Menge und nach fünf Minuten ist das Bestellfenster wieder zu. Man muss als Apotheker schnell sein“, erklärt Gülsen die derzeitige Situation. Zwar könnten auch Zäpfchen ausgegeben werden, jedoch seien auch diese nur sporadisch lieferbar. „Von 11 Herstellern kann aktuell keiner liefern.“
Hohe Nachfrage nach Fiebersaft in Gülsens Apotheken in Kamp-Lintfort, Moers und Duisburg
Dabei würden pro Tag ungefähr 20 Menschen in seine Apotheken kommen und nach dem Medikament für die Kleinsten fragen. „Wir haben noch Glück, dass das Wetter die letzten Wochen so warm war. Aber wenn wir im September ein paar kalte Tage oder Wochen haben, dann wird es kritisch“, blicken Gülsen und Schuchardt besorgt auf die bevorstehende Erkältungssaison – auch, was das eigene Team anbelangt. Denn schon jetzt bemerken der Apotheker und sein Team den hohen personellen Aufwand, den die eigene Fiebersaftproduktion mit sich bringt.
Schließlich werde die Medizin immer im Vier-Augen-Prinzip hergestellt: Eine PTA, die den Saft herstellt und Gülsen als Apotheker, der die Arbeitsschritte kontrolliert. Für 100 Milliliter Saft, also eine Rezeptur, gehen 30 Minuten Arbeitszeit drauf, erklärt Gülsen. Ausgangsstoffe müssten auf Stabilität, Wirksamkeit und Haltbarkeit geprüft werden. Die sieben Substanzen, die zur Herstellung gebraucht werden – darunter eben Traubenzucker und der Wirkstoff Paracetamol – werden abgewogen oder gemörsert. Dann geht es ans Mischen, Dokumentieren, Abfüllen - bis der Saft an den Kunden abgegeben werden kann.
100 Fiebersäfte stellt der Apotheker maximal am Tag her
Insgesamt 100 Fiebersäfte könnten so maximal am Tag hergestellt werden. Da der Saft nur eine Haltbarkeit von vier Wochen hat, könne auch nicht vorproduziert werden. 100 Milliliter Fiebersaft würden 27,87 Euro kosten. Die Krankenkassen übernehmen bei einem Rezept 3,14 Euro. Er verkaufe den Saft derzeit für zehn Euro. Doch allein für die Materialkosten ohne Arbeitszeit kommt Gülsen auf einen Wert von 10,79 Euro. „Wir werden unser Bestes tun damit wir unsere Nachbarn, Mitmenschen und Familien nicht im Stich lassen. Obwohl die Herstellung und Abgabe für uns vermutlich ein Minusgeschäft sein werden.“