Duisburg-Rheinhausen. Engagierte Jugendliche der Kirchengemeinde St. Peter haben in der Pandemie das Projekt „Rheinhausen hilft“ ins Leben gerufen.
Corona kann einsam machen. Verdammt einsam! Anna Maria würde die jungen Leute von der Kirchengemeinde St. Peter, die mit Mundschutz und Abstand an ihrer Wohnungstür im dritten Stock an der Günterstraße stehen, am liebsten nach drinnen bitten. Aber das geht ja nicht. Denn die beiden Einkaufshelfer sind ja extra deshalb gekommen, damit die 67-Jährige weniger Kontakte hat und das Haus in den riskanten Zeiten einer Pandemie so wenig wie möglich verlassen muss. Diesmal wäre es auch gar nicht gegangen mit den vielen Treppenstufen. Die Beine tun ihr weh. Arthrose. Manchmal ist es erträglich. Und manchmal ist kaum was möglich. Heute ist so ein Tag.
Bratwurst, Gemüse und Obst
Anna Maria, die lieber nur mit ihrem Vornamen in der Zeitung stehen möchte, hat den Einkaufszettel noch gar nicht fertig. „Ich bin so froh, dass ihr da seid und das für mich tut“, sagt sie und legt zwischen Tür und Angel hinter ihrem Mundschutz mit den bunten Vögeln los mit dem Aufzählen von all dem, was ihr fehlt. „Kartoffeln brauche ich. Und Toilettenpapier, wenn es welches gibt. Und Gemüse, damit ich mir einen Eintopf kochen kann.“ Und Wasser, Brot, Obst, eine Wurst hätte sie gerne. Und vielleicht noch etwas Süßes, wenn das möglich ist. Lebkuchen liebt sie. Nur bezahlen kann die Rheinhauserin ihre überschaubaren Wünsche heute nicht. Denn von der Rente ist in diesem Dezember irgendwie schon vor der Monatsmitte nichts mehr übrig.
Nori nickt. Der 15-Jährige ist einer der Ehrenamtler, die sich für die Aktion „Rheinhausen hilft“ der Jugendgruppen von St. Peter einsetzen, und er kennt die Dame schon. 20 Euro für den Einkauf hat er aus dem Spendentopf der Kirchengemeinde in der Tasche. Denn die 67-Jährige hatte schon am Telefon erzählt, dass es diesmal Probleme mit dem Geld gibt. „Wir kriegen das schon hin“, sagt Nori, während Natalie den Einkaufszettel in ihr Handy tippt. Die 21-Jährige macht ein Praktikum im Jugendzentrum und unterstützt die Helfer.
Auf geht’s zum Discounter um die Ecke. Einen Bollerwagen haben die beiden dabei, den sie zwanzig Minuten später gut gefüllt mit flottem Schritt wieder zurück ziehen. Sie haben penibel auf die Preise geschaut beim Einkauf, damit sie Anna Maria von den 20 Euro so viele Wünsche wie möglich erfüllen können. Aus Kartoffeln, Möhren, Kohlrabi und Brokkoli kann sie sich einen Eintopf kochen. Dazu frische Wurst braten. Reichlich Obst gibt es, für Frühstück, Abendessen und die Süßlust zwischendurch ist auch gesorgt. Nori hat noch Kinderschokolade gekauft. „Ich weiß, dass sie die gerne mag. Die war beim letzten Einkauf auf ihrem Zettel.“
Auch Geldspenden sind wichtig
Jetzt muss nur noch irgendwie der Bollerwagen die Treppe hinauf. Nori und Natalie schleppen das Ding mit jugendlichem Schwung nach oben. „Da seid ihr ja schon wieder.“ Anna Maria schlägt die Hände zusammen. „Ich freue mich, dass ihr so viel mitgebracht habt für mich.“ Sie zählt jeden Artikel einzeln auf, den sie aus dem Bollerwagen in ihren Einkaufstrolley umpackt.
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Am meisten Vergnügen bereitet ihr der Lebkuchen. „Da habt ihr ja sogar noch was Süßes für mich alte Schachtel gefunden“, sagt sie und lacht. Aus der Wohnung hört man Vogelgezwitscher. „Ich hab drei, im Wohnzimmer. Wollen Sie mal gucken?“ Sie macht eine einladende Geste dann fällt ihr wieder ein, dass das nicht geht. Es ist ja Corona. Vielleicht im nächsten Jahr mal. Wer weiß? Bis dahin ist die Rheinhauserin glücklich, dass es Menschen wie Nori und Natalie gibt, die anderen in schwierigen Zeiten zur Seite stehen. Und Menschen, die für das Projekt „Rheinhausen hilft“ Geld spenden, sonst könnte sie morgen keinen Eintopf mit Bratwurst kochen.
>>> INFORMATIONEN ZUR AKTION RHEINHAUSEN HILFT
Beim ersten Lockdown im Frühjahr hat die Jugendgruppe der Gemeinde St. Peter die Aktion „Rheinhausen hilft“ ins Leben gerufen. Seitdem unterstützen engagierte junge Leute ältere und gefährdete Menschen dabei, den Alltag in Coronazeiten zu bewältigen. „Wir haben uns damals gefragt, was unser Auftrag als Kirche ist“, beschreibt Pastoralreferent Peter Fendel die Anfänge des solidarischen Projekts, dem sich ganz spontan viele Jugendliche angeschlossen haben.
„Unser Hilfsangebot ist nicht an Corona gebunden“, erklärt Fendel. Auch wer aus anderen Gründen Unterstützung braucht beim Gang zum Supermarkt, zur Post oder zur Apotheke, der kann sich an die Helfer wenden. Das geht telefonisch unter 02065/74716 oder per Mail an info@jz-stpeter.de.
Die Gemeinde freut sich auch über Helfer, die mitmachen möchten, und über Geldspenden für das Projekt.