Duisburg-Baerl. Wilhelm Gorres führt in Baerl den einzigen Biolandhof im Duisburger Westen. Seine Lieblingskuh hat der Öko-Landwirt nach Conchita Wurst benannt.

Conchita Wurst liebt Äpfel. Dafür tut sie fast alles. Sogar ein paar Sekunden Fotoshooting sind nach der fruchtigen Bestechung drin, die sie in Nullkommanix im weichen Maul verschwinden lässt. Wilhelm Gorres steht mitten im Stall und tätschelt seiner Lieblingskuh den fleischigen Hals. „Ja, die Conny, das ist unsere Schmusekuh.“ Der Landwirt und sein Partner Udo Schomisch haben das Tier augenzwinkernd nach dem schrillen österreichischen Sänger und Travestiekünstler benannt. Der Baerler Conchita ist das völlig wurscht, warum sie so heißt. Viel wichtiger ist, ob es noch einen Apfel gibt. Gibt es!

Besuch von Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link im Kuhstall

Mit den gesunden Leckerbissen von der Streuobstwiese hat sich auch der Oberbürgermeister bei den wuchtigen Damen im Stall beliebt gemacht, als er neulich den Hof an der Orsoyer Straße besichtigt hat. „Wir haben Herrn Link eingeladen, damit er mal sieht, was wir hier im äußersten Zipfel von Duisburg so machen“, sagt Wilhelm Gorres. Denn tatsächlich ist sein Helenenhof der einzige Biolandhof im Duisburger Westen. Nur auf der anderen Rheinseite, in Röttgersbach, hat Andy Enninghorst noch einen Biolandbetrieb mit Hofladen. Mehr ökologische Landwirtschaft gibt es in Duisburg nicht.

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Wilhelm Gorres und Udo Schomisch züchten Fränkisches Gelbvieh. „Das ist eine tolle Rasse. Die Tiere ähneln den Limousin-Rindern, aber sie sind viel umgänglicher und ruhiger“, sagt Wilhelm Gorres. Aktuell hat er 18 Tiere im Stall – elf Kühe, ein tragendes Rind, Jährlinge und Kälber. Sein Hof ist ein reiner Grünlandbetrieb. Hier gibt es keine Milch zu kaufen, denn die wird auf dem Helenenhof nur von denen getrunken, für die sie von Natur aus gedacht ist: von den Kälbern.

Landwirt Wilhelm Gorres und sein Partner Udo Schomisch führen den Biolandbetrieb in Baerl mit viel Herzblut: „Man muss schon Idealist sein, um das hier zu tun.“
Landwirt Wilhelm Gorres und sein Partner Udo Schomisch führen den Biolandbetrieb in Baerl mit viel Herzblut: „Man muss schon Idealist sein, um das hier zu tun.“ © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Eigentlich ist Wilhelm Gorres gelernter Landschaftsgärtner und studierter Landespfleger. Eine Ausbildung, mit der er zuletzt für die Ruhrkohle Halden rekultiviert hat. Die Landwirtschaft war immer nur sein Hobby. Eines, das viel Platz braucht. Den fand er Ende der 90er Jahre an der Orsoyer Straße 1, dem letzten Fleckchen vor Rheinberg, und begann damit, sich einen eigenen Hof aufzubauen. Als der Naturliebhaber dann mit 54 Jahren in den Vorruhestand ging, da hat sich das mit dem Biohof fast wie von selbst ergeben.

„Man muss schon Idealist sein,um das hier zu tun.“

Denn irgendwann hat Wilhelm Gorres festgestellt, dass das mit der konventionellen Landwirtschaft für ihn nicht mehr stimmig ist. „Zuerst habe ich den Dünger auf meinen Wiesen weggelassen“, erinnert sich der 64-Jährige. „Da haben mich andere für bekloppt erklärt.“ Denn kein Dünger, das bedeutet: weniger Ertrag. „Ein Drittel habe ich weniger“, sagt er. „Aber dafür bekomme ich ganz viel anderes.“ Das andere – das sind die Geschenke der Natur. „Wenn Sie dann sehen, was plötzlich für Pflanzen in der Wiese wachsen, die vorher nicht da waren, dann wissen Sie, dass die Entscheidung richtig war.“ Die wilden Pflanzen ziehen Insekten an und schon blüht die Artenvielfalt auf.

Heu und Grassilage von den eigenen Wiesen futtern die Kühe von Wilhelm Gorres

Die ökologischen Beweggründe für sein Handeln muss man Wilhelm Gorres ein bisschen aus der Nase ziehen. Er ist keiner, der große Reden für den Naturschutz schwingt. Er handelt lieber. Im Sommer weiden die Kühe hinter dem Hof auf den malerischen Weiden am Rhein. Während andere im Winter zum Turbofutter Mais greifen, das Tiere schneller wachsen lässt, futtert sein Gelbvieh Heu und Grassilage von den eigenen Wiesen. „Das ist artgerecht.“ Auf 33 Hektar Fläche kann der Landwirt seine ökologische Ader ausleben. Dazu gehören auch die knapp 200 Bäume auf den Streuobstwiesen. Das Obst wird jedes Jahr in Kooperation mit dem Nabu gesammelt und zur Saftkelterei van Nahmen in Hamminkeln gebracht. „Aber es bleibt auch immer genügend für die Tiere liegen.“ Das ist Wilhelm Gorres wichtig. „Hier tummeln sich unheimlich viele Vögel, das ist wirklich toll.“

Der Blick auf die Weiden des Biohofes Helenenhof. Ein idyllisches, sehr niederrheinisches Stück Natur. Nur das Steag Kraftwerk in Walsum erinnert an den Standort Ruhrgebiet.
Der Blick auf die Weiden des Biohofes Helenenhof. Ein idyllisches, sehr niederrheinisches Stück Natur. Nur das Steag Kraftwerk in Walsum erinnert an den Standort Ruhrgebiet. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Dass der Klimawandel längst da ist, davon sind Wilhelm Gorres und Udo Schomisch überzeugt. „Dieses Jahr haben wir sehr mit der Trockenheit zu kämpfen gehabt.“ So klimaneutral wie möglich möchten sie ihren Hof führen. Und sich nach den Biolandrichtlinien der „Kreislaufwirtschaft“ richten. Das bedeutet, ganz grob gesagt, dass die Tiere das Gras von den eigenen Weiden fressen und dass die Pflanzen die Nährstoffe in Form von Mist wieder von den Tieren bekommen. Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger Westen

Auch wenn die ökologische Landwirtschaft in Duisburg noch eine Randerscheinung ist, so ist Wilhelm Gorres davon überzeugt, dass sich das alles auf Dauer durchsetzen wird: „Daran führt kein Weg vorbei.“ Das sieht auch sein Partner so: „Wir haben die Erde nur geliehen, so müssen wir sie doch auch behandeln!“