Homberg. Das Homberger Traditionsgeschäft an der Augustastraße schließt seine Tore. Inhaber Günter Deutschbein suchte vergeblich nach einem Nachfolger.

Ein Kunde mit Fahrradhelm auf dem Kopf betritt den Laden Zweirad Tasche in der Homberger Fußgängerzone. „Haben Sie Bremsklötze?“, fragt er und schaut sich um. „Sieht leergeräumt aus“, stellt er fest. Die Bremsklötze sind aber selbstverständlich da.

In der Tat ist es ein ungewohntes Bild, das im Fahrradladen von Günter Deutschbein vorherrscht. Nach 127 Jahren Bestehen schließt er sein Fahrradgeschäft Tasche auf der Augustastraße. Zwei Wochen ist Deutschbein noch da, „dann ist endgültig Schluss“, sagt der 66-Jährige. Die Schließungsgründe sind nicht mit dem Corona-Virus verknüpft, betont Deutschbein. Im Gegenteil: „Ich hatte viel zu tun. Die Kunden wollen im Sommer mit dem Rad raus.“ Seit dem 18. März war der Fahrradladen geschlossen, „aber es gab zahlreiche Fahrradreparaturen zu erledigen“.

1893 gründete der Urgroßvater das Geschäft

Schon länger kam die Frage auf, wie es mit dem Geschäft weitergeht. Viele Duisburger Generationen kennen das Haus mit dem heimeligen Fahrradgeschäft, das seit 1893 existiert. Gegründet wurde es von Deutschbeins Urgroßvater Fritz Tasche. Später übernahmen die Großeltern den Laden. In den sechziger Jahren entschloss sich Deutschbeins Mutter Käthe, geborene Tasche, den Fahrradladen weiterzuführen. In den siebziger Jahren fing Sohn Günter an, nebenbei im Geschäft zu helfen.

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Der junge Radfan schraubte am liebsten an den Rennrädern, die damals besonders begehrt waren: „Wenn ältere Leute im Laden waren, fragten sie nach meiner Mutter und wenn meine Mutter da war und Kunden ein Rennrad kaufen wollten, fragten sie nach mir“, erinnert sich Deutschbein lächelnd. Mitte der 1980er legte er die Gesellenprüfung als Zweiradmechaniker vor der Handwerkskammer ab. Ein begonnenes Jurastudium hat Deutschbein zugunsten der Fahrräder aufgegeben. 1988 absolvierte er seine Meisterprüfung.

Nach dem Tod seiner Mutter übernahm Deutschbein 1995 das Fahrradgeschäft. Gut sieben Auszubildende betreute er seither: „Ich habe dafür gesorgt, dass sie eine gute Arbeit bekamen“, so Deutschbein. Faire Arbeitsverhältnisse sind in Zeiten von Großhandelsketten, die Zweiräder aller Art online verkaufen, nicht immer selbstverständlich. Bei der Suche nach einem Nachfolger wurde Deutschbein nicht fündig: „Welcher junge Mensch wagt nach der Ausbildung den Schritt in die Selbstständigkeit und hat Geld für die Raummiete?“, fragt Deutschbein.

Kunden verabschieden sich mit rührenden Worten

Mit seiner Schwester entschied er sich, das in ihrem Besitz stehende Haus zu verkaufen. Wo bis zu 100 Räder in der Werkstatt standen, sollen Garagen errichtet werden. Fahrräder und Zubehör hat Deutschbein zu Rabattpreisen abgegeben. Hierbei erlebte er rührende Momente: „Viele Kunden kamen vorbei und haben sich für die jahrelange Arbeit bedankt.“ Manche Lenker und Schrauben hält Rentner Deutschbein für sich – als Reparaturset für die nächsten Radtouren und als kleine Erinnerung an eine unvergessliche Ära.

Wer von Gewährleistungen Gebrauch machen möchte, Fahrradzubehör braucht oder sein Rad reparieren lassen möchte, wird fortan zum Beispiel bei Deutschbeins Kollegen von „2-Rad-Eck“ in Rheinhausen auf der Bergheimer Straße 143 fündig. Öffnungszeiten: Dienstags bis freitags von 9 bis 13 Uhr und 15 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 9 bis 13 Uhr. Weitere Informationen gibt es unter www.2-rad-eck.de.