Duisburg-Rheinhausen. Ärzte und Pfleger bereiten sich auf alles Machbare vor. Auch wenn genügend Material vorhanden ist, Lieferengpässe sind auch hier spürbar.

Weltweit besteht eine große Nachfrage nach Schutzmasken und Schutzkleidung, die Preise für diese lebenswichtige medizinische Ausrüstung schießen auf dem Weltmarkt illusorisch in die Höhe. Die Zustände in Italien, Spanien und Frankreich machen vielen Menschen große Angst. Sandra Kalkmann, Pressereferentin im Rheinhauser Johanniter-Krankenhaus, sprach mit uns über die Corona-Krise und die Folgen für den Krankenhausbetrieb.

Wie sieht die Versorgungslage bei Ihnen im Johanniter-Krankenhaus konkret aus, über wie viel Schutzkleidung verfügen Sie aktuell?

Die Lieferschwierigkeiten von China nach Europa gehen an Duisburg natürlich nicht vorbei.

Derzeit sind wir noch bevorratet. Ein Vorteil für uns ist, dass wir im bundesweiten Verbund als Johanniter-Krankenhaus konzerninterne Abhilfen schaffen können. Neben unserem lokalen Materialeinkauf kooperiert ein bundesweiter Zentraleinkauf der Johanniter GmbH eng mit uns, um sämtliche Kanäle auszuschöpfen.

Wichtig ist, im angemessenen Maße mit den Ressourcen umzugehen. Wie gut ist Ihr Personal geschult im Umgang mit der Schutzkleidung/den Masken aus hygienischer Sicht? Gab es da spezielle Schulungen im Krankenhaus?

Ja, laufend. Täglich beschließt unser hausinterner Krisenstab, an welchen Stellen wir noch nachjustieren können. Diese Maßnahmen werden dann sofort umgesetzt. Dazu gehören auch erweiterte Hygieneschulungen im Umgang mit Schutzkleidung nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes.

Wie haben sie sich konkret auf zu erwartende CoVid19-Patienten im Krankenhaus vorbereitet? Wie sieht es mit den anderen Kranken aus?

Wir haben bereits eine Isolierstation für CoVid19-Patienten vorbereitet. Für intensiv-beatmungspflichtige CoVid19-Patienten haben wir die Intensivplätze aufstocken können. Wir halten aber auch immer die Patienten im Auge, die durch andere Krankheitsbilder stationär in einem Krankenhaus behandelt und operiert werden müssen. Tumorpatienten etwa müssen zeitnah operiert und anschließend intensivmedizinisch überwacht und versorgt werden. Wir fahren derzeit zweigleisig und passen so lange es geht, die erforderlichen Schritte den Bedürfnissen unserer Patienten an.

Inwiefern sind schon im Vorfeld aufschiebbare Operationen von Ärzten zeitlich nach hinten verlegt worden?

Die Medienarbeit hat natürlich Wirkung bei der Bevölkerung gezeigt, so dass Patienten von sich aus ihre planbaren Eingriffe verschoben haben. Wie gesagt, zwar reduziert, aber dennoch kann ein Krankenhausbetrieb derzeit normal weiterlaufen.

Niemand weiß, was jetzt auf die Krankenhäuser zukommt

Welchen Andrang erwarten sie jetzt hier in Rheinhausen?

Wir wissen alle nicht, was auf die Krankenhäuser zukommt. Die Krankenhäuser bereiten sich nach allen Expertenempfehlungen - beispielsweise des Robert-Koch-Instituts - auf alles Machbare vor. Die gesamte Gesundheitsbranche übt quasi an der für uns alle neuen Problematik. Die Politik wird allerdings nach Corona einige Aspekte im Gesundheitswesen neu bewerten müssen. Sei es die Produktion beispielsweise von Schutzkleidung in Europa/Deutschland oder grundsätzlich den Stellenwert der Krankenhäuser in Deutschland. Nicht zuletzt den Stellenwert eines Mitarbeiters in der Pflege.

Inwieweit sind die Besuchszeiten von Angehörigen anderer im Krankenhaus liegender Patienten schon eingeschränkt worden?

Entsprechend der Weisung der Landesregierung vom 15. Märzhaben wir ein Besuchsverbot für unser Krankenhaus und unser Seniorenwohnheim ausgesprochen. In besonders schweren Fällen, wenn ein Patient im Sterben liegt, dürfen Angehörige selbstverständlich zu ihm, um sich von ihm zu verabschieden und ihm beizustehen.

Was raten Sie unseren Lesern im täglichen Verhalten?

Bitte halten Sie sich unbedingt an die aktuellen Vorgaben hinsichtlich der Kontakteinschränkungen. Die Mindestabstände an der Supermarktkasse von mindestens zwei Metern sollten Sie einhalten. Achten Sie darauf, nicht in die Hand zu husten oder zu räuspern, sondern in die Armbeuge und sich von in der Nähe stehenden Menschen abzuwenden. Die Hygieneregeln sind sehr wichtig! Regelmäßig mindestens 30 Sekunden Händewaschen - beispielsweise nach dem Einkaufen oder nach dem Naseputzen.

>>> EU-Politik: „Jeder denkt an seine nationalen Interessen“ <<<

Dr. Thomas Krössin, Geschäftsführer der Johanniter GmbH im Bereich Krankenhäuser, berichtet von aktuellen und künftigen Herausforderungen der Corona-Krise.

„Es ist aus europäischer Sicht eine der dringendsten Fragen, die sich die nationalen Regierungen der EU nach der Pandemie stellen müssen, wie wir künftig die Abhängigkeit von Warenlieferungen aus dem chinesischen Wirtschaftsraum zurückfahren. In der aktuellen Krise sind wir selbst bei der Beschaffung von Schutzkleidung und Schutzmasken von Lieferungen aus China abhängig. Die Wirtschaftspolitik des Chinesischen Regimes mit dem Projekt der Seidenstraße bedroht den inneren Zusammenhalt der europäischen Union. Jetzt zeigt sich, wie dünn der politische Kit des europäischen Zusammenhalts ist - jeder denkt an seine nationalen Interessen. Eine europäische Pandemiestrategie ist seitens der EU Kommission nicht durchsetzbar.

Wir sind im Verbund der Johanniter-Kliniken Deutschlands mit 200 Intensivbetten an die maximale Grenze unserer Kapazitäten gegangen. Wir steuern mit einem straff organisierten zentralen Krisenstab, klaren Zuständigkeiten und Berichtslinien auf Konzernebene mit Durchgriffsrechten bis hinunter auf die dezentralen Krisenstäbe der Johanniter Krankenhäuser. Zur Seite steht dem Management ein Corona Kompetenz Team mit Experten aus der Krankenhaushygiene und Infektiologie. Wenn die Prognosen der Epidemiologen zutreffen, werden wir in unseren Krankenhäusern wie andere an Grenzen kommen, noch ist der kritische Punkt, in dem eine Organisation umkippen kann, allerdings nicht erreicht. Wir sind uns aber sehr wohl bewusst, dass dies eintreten kann. Eine Gegenmaßnahme ist die Zusammenarbeit mit Resilienztrainern, die Führungskräften Techniken zeigen, wie wir als Ärzte und Pfleger in einer Krise unseren Stress beherrschen und unsere psychische Widerstandskraft erhöhen können. Wir beginnen in den kommenden Tagen gezielt, Mitarbeiterinnen und Führungskräfte präventiv auf die Krise vorzubereiten. Im Übrigen bieten die Johanniter diese Kurse auch außerhalb von Krisen an.“